Kurzfassung

Die UN brechen in Syrien die humanitären Grundsätze von Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Neutralität

Durch den Beschluss, der Kooperation mit der syrischen Regierung um jeden Preis den Vorzug zu geben, haben es die UN ermöglicht, dass mehrere Milliarden Dollar an internationaler Hilfe durch eine Konfliktpartei verteilt werden. Dies hat zum Tod Tausender Zivilisten beigetragen, teils durch Verhungern, hungerbedingte Krankheiten oder fehlenden Zugang zu medizinischer Versorgung. Außerdem hat diese Entwicklung den Vorwurf aufgebracht, dieser fehlgeschlagene UN-Hilfseinsatz beeinflusse – möglicherweise langfristig – den weiteren Verlauf des Konflikts selbst.

„Bisher hat die UN keine einzige Hilfslieferung aus Damaskus ohne die Zustimmung der Regierung getätigt, obwohl zahlreiche Resolutionen des Sicherheitsrates dies unterstützen.“

Dieser Bericht dokumentiert eine Abkehr von humanitären Prinzipien beginnend mit dem Versagen der UN bei Hilfslieferungen an die Stadt Daraa, die 2011 zu Beginn der Krise durch die Regierung belagert wurde. Um zu verhindern, dass in Daraa humanitäre Hilfe geleistet wurde, drohte die syrische Regierung explizit damit, den UN die Genehmigung ihres Einsatzes und die Visa der nicht-syrischen Mitarbeiter zu entziehen . Die syrische Regierung hat sich dieser Drohung seither durchgehend bedient und beeinflusst auf diese Weise, wo, wie und wem die UN humanitäre Hilfe leisten können.

Im Anbetracht dieses Angriffs auf die humanitären Grundsätze haben die UN-Organisationen sich weder geeinigt, noch rote Linien oder Bedingungen für die Zusammenarbeit mit der syrischen Regierung festgelegt. Stattdessen haben sie entschieden, die Einschränkung ihrer Einsätze durch die Regierung zu akzeptieren. Nachgiebigkeit wurde der UN künftig zur Gewohnheit.. Die UN-Organisationen waren nicht gewillt, starken Druck auszuüben, um Zugang zu Gebieten zu erhalten, die außerhalb der  Kontrolle der Regierung stehen. In den Worten einer kürzlich erschienenen Selbstevaluierung der UN waren die Organisationen „schlichtweg nicht gewillt, ihre Einsätze in Syrien durch eine härtere Haltung gegenüber der Regierung zu gefährden. Die Gründe dafür übersteigen den Umfang dieser Evaluierung, jedoch werden sie zweifellos zu einem späteren Zeitpunkt unvoreingenommen analysiert.“1

Dieser Zeitpunkt ist nun erreicht. Der vorliegende Bericht hinterfragt nicht nur, warum die UN daran scheiterten, eine härtere Haltung zur Regierung einzunehmen, aber auch die Auswirkungen dieses Versagens auf die syrischen Zivilisten und den Konflikt selbst.

In ganz Syrien leiden Menschen Not. Die UN haben der syrischen Regierung eine effektive Vetomacht über Hilfslieferungen in Gebiete außerhalb ihres Hoheitsgebiets beschert, die es nun ermöglicht, Belagerungen als Kriegswaffe einzusetzen. Damit hat die syrische Regierung nun die Kontrolle über die humanitäre Hilfe, und die UN sind nicht mehr in der Lage, sie dort zu leisten, wo sie am meisten benötigt wird. Bisher haben die UN keine einzige Hilfslieferung aus Damaskus ohne die Zustimmung der Regierung getätigt, obwohl zahlreiche Resolutionen des Sicherheitsrates dies unterstützen.

Die UN lassen zu, dass die syrische Regierung Hilfen aus Damaskus fast ausschließlich in die eigenen Territorien liefert. Im April 2016 wurden 88% der Nahrungsmittelhilfe innerhalb Syriens in Gebiete unter Kontrolle der Regierung geliefert. 12% gingen in Gebiete außerhalb ihrer Kontrolle.2 In einigen Monaten zeigte sich sogar noch deutlicher, in welchem Ausmaß die Regierung UN-Hilfen für ihre eigenen Interessen instrumentalisiert. Im August 2015 beispielsweise hat die Regierung über 99% der UN-Hilfen innerhalb Syriens in die eigenen Gebiete geleitet.[/note] Außerdem erhielten jeden Monat im Jahr 2015 weniger als 1% der Menschen in belagerten Gebieten UN-Nahrungsmittelhilfen.3

Über Hilfslieferungen innerhalb des Landes wird in Verhandlungen der UN mit der syrischen Regierung entschieden. Allerdings hat die Unfähigkeit der UN, im Syrieneinsatz eine rote Linie zu ziehen, ihre Verhandlungsposition geschwächt. Die syrische Regierung weiß, dass die Verweigerung des humanitären Zugangs in Gebiete außerhalb ihrer Kontrolle nicht sanktioniert wird. Ungeachtet dessen wird sie weiterhin Milliarden Dollar an UN-Mitteln erhalten. Das ist der Hauptgrund dafür, dass die Verhandlungen der UN mit der Regierung fast immer scheitern und die Gebiete nicht erreicht werden können. Im gesamten Jahr 2015 wurden fast 75% aller Gesuche der UN von der Regierung nicht einmal beantwortet.4

Konfrontiert mit Kritik an der einseitigen Lieferung von Hilfsmitteln, verweisen die Leiter der UN-Hilfsprogramme häufig auf Sicherheitsbedenken. Die Sicherheit des humanitären Personals ist jedoch nicht ausschlaggebend für den Zugang in Syrien. Die UN sind durch belagerte Städte gefahren, die monatelang keine Hilfe erhalten hatten, um Lieferungen an andere Städte zu tätigen. Es waren nicht Sicherheitsbedenken, die sie davon abhielten, hier schon auszuladen, sondern dass sie keine Erlaubnis der syrischen Regierung erhalten hatten. Eine Auswertung der UN-Evaluierungen stimmt damit überein, dass Hilfslieferungen „eher aus politischen und strategischen Gründen, als aus Sicherheitsgründen“ begrenzt wurden.5

Hilfslieferungen innerhalb Syriens über Land werden durch den Syrischen Roten Halbmond (SARC) umgesetzt und beaufsichtigt. Auf Ebene der Niederlassungen haben SARC-Freiwillige den Ruf, integer und aufopfernd zu sein.  Viele von ihnen wurden von der Regierung umgebracht, weil sie versucht haben, Hilfe dort zu leisten, wo sie am dringendsten benötigt wird. Dennoch: die Führungsebene des SARC unterstützt die syrische Regierung. Dies bringt die Unabhängigkeit der UN in ernste Gefahr.

Die UN dulden die dominante Rolle der Regierung bei der Ausgestaltung von Schlüsseldokumenten, unterstützen umstrittene örtliche Waffenstillstände nach Belagerungen und scheitern systematisch daran, belagerte Gebiete als solche zu erkennen und einzustufen. All dies trägt zur Schwächung der humanitären Grundsätze der UN bei.

„Die UN brechen in Syrien die humanitären Prinzipien von Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Neutralität“

Die Unterzeichner des vorliegenden Berichts empfehlen den UN, unverzüglich   und öffentliche Bedingungen festzulegen, unter denen die UN-Organisationen weiterhin mit der syrischen Regierung kooperieren und dennoch Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Neutralität wahren können. Wenn diese Bedingungen nicht erfüllt werden, sollten die UN die Zusammenarbeit mit der syrischen Regierung einstellen. Ein UN-Einsatz, der humanitäre Grundsätze verletzt, wird zu einem Teil des Konflikts und trägt Mitschuld an dem Leiden.

Methode

Zur Vorbereitung dieses Berichts haben ForscherInnen mehr als 50 humanitäre HelferInnen befragt, SyrerInnen und andere StaatsbürgerInnen, UN-VertreterInnen, GutachterInnen der UN-Organisationen und SyrerInnen, die in Belagerung leben und in der humanitären Hilfe gearbeitet haben.

Die UN-MitarbeiterInnen, die interviewt wurden sind derzeitige und ehemalige UN-VertreterInnen der höchsten Instanzen, die in den humanitären Einsatz in Syrien aus Damaskus, oder aus Nachbarländern heraus involviert sind und waren. Die Quellen wurden anonymisiert um die Sicherheit und berufliche Zukunft der Personen zu schützen. Ihre Dienstgrade und organisatorische Zugehörigkeit werden verschleiert.

Die „UN“ bezieht sich im vorliegenden Bericht auf die humanitären Unterorganisationen und Sonderorganisationen der Vereinten Nationen, die in Syrien agieren: das Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA), das Welternährungsprogramm (WFP), das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNCR), das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA), das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP), die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), die Internationale Organisation für Migration (IOM), das Programm der Vereinten Nationen für menschliche Siedlungen (UN-HABITAT) und das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF). All diese Organisationen bilden das UN-Länderteam und werden durch das UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten geleitet.

Die verschiedenen UN-Organisationen sind für verschiedene Grade der Abkehr von den humanitären Prinzipien verantwortlich. Zwar lassen Gespräche darauf schließen, dass die Organisationen es vorziehen, ausschließlich für ihre jeweilige Arbeit beurteilt zu werden. Ihr Wirken in Syrien jedoch, wird unter dem breiteren Schirm der humanitären Hilfe der UN wahrgenommen. Sprich, obwohl beispielsweise WFP Einwände dagegen erhebt, mit den Unzulänglichkeiten der WHO in Verbindung gebracht zu werden – oder andersherum -, werden beide Organisationen von den Betroffenen als „die Vereinten Nationen“ wahrgenommen. „UN“ bezieht sich hier nicht auf den Sicherheitsrat. Der vorliegende Bericht thematisiert die humanitären Einsätze der UN innerhalb Syriens und nicht in den Nachbarländern. Die Darstellungen im Bericht sind auf dem Stand von 03.05.2016.

Empfehlungen

Allen UN-MitarbeiterInnen, GutachterInnen und humanitären HelferInnen, die für den vorliegenden Bericht befragt wurden, wurde eine jeweils angepasste Variation der folgenden Frage vorgelegt: Haben die Vereinten Nationen Ihres Wissens nach in irgendeiner Weise zu evaluieren versucht,  ob ihre Kompromisse mit der syrischen Regierung zu weit gehen? Die Antwort war in allen Fällen „Nein“.

Eine Auswertung aller bisherigen öffentlichen UN-Evaluierungen stellte außerdem fest, dass der „Anwendung der Prinzipien humanitärer Maßnahmen – insbesondere Unparteilichkeit, Neutralität und Unabhängigkeit – in den Berichten überraschend wenig Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Dies ist insbesondere deswegen bemerkenswert, weil die Schwierigkeiten unparteiischer Hilfslieferungen in Syrien auf der Hand liegen.“[footnote]Darcy, p.9[/footnote]

Die UN haben in über fünf Jahren nie klare Bedingungen für ihre Zusammenarbeit mit der syrischen Regierung festgelegt. Die UN haben nie erhoben, wie weit sie bereits von ihren Grundsätzen der Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Neutralität abgewichen sind.

Dadurch, dass sie ihre Prinzipien aus dem Auge verloren haben und kaum  Anstalten machen, diese wiederzugewinnen, sind die UN in Syrien dem gravierendsten aller Vorwürfe ausgesetzt: Sie verletzen das Grundprinzip humanitärer Hilfe – „Do no harm“ – und verursachen Leid.

1. 1 An den Generalsekretär der Vereinten Nationen

Ziehen Sie eine rote Linie. Erarbeiten Sie unverzüglich einen Kriterienkatalog, unter dem die UN-Organisationen mit der syrischen Regierung kooperieren und zugleich ihre humanitären Grundsätze bewahren können. Dieser muss darauf ausgerichtet sein, mit unparteiischen Hilfslieferungen die Menschen, die am stärksten darauf angewiesen sind, zu erreichen.

Ziehen Sie eine rote Linie. Wenn diese Bedingungen nicht erfüllt werden, sollten die UN die Zusammenarbeit mit der syrischen Regierung einstellen. Ein UN-Einsatz, der Kernprinzipien verletzt, wird zu einem Teil des Konflikts und ist ein Nährboden für fortwährende Gewalt.

1.2 An die Geberländer der UN

Seien Sie ein grundsatztreuer Geber. Verlangen Sie transparente Bedingungen von den UN, unter denen sie ihre Präsenz in Damaskus beibehalten können. Machen Sie von diesen Bedingungen abhängig, ob sie Gelder zur Verfügung stellen. Somit stellen Sie sicher, dass Ihr Beitrag keine Konflikte dadurch befeuert, dass die UN Abkehr von Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Neutralität genommen hat.

1.3 An internationale Nichtregierungsorganisationen (INROs)

Richten Sie sich nach Ihren Grundsätzen. Erarbeiten Sie einen öffentlichen Kriterienkatalog, unter dem Ihre Organisation mit der syrischen Regierung kooperieren und zugleich ihre humanitären Prinzipien bewahren kann. Wenn dies nicht möglich ist, ziehen Sie sich aus Damaskus zurück.

Die folgenden syrischen humanitären und medizinischen Organisationen, lokalen Räte und zivilgesellschaftlichen Gruppen sind Mitunterzeichner der Kurzfassung und der Empfehlungen des vorliegenden Berichts:

  1. Syria Civil Defence (The White Helmets)
  2. Basmeh and Zeitooneh
  3. Local Administration Councils Unit
  4. Syrian Emergency Task Force
  5. Kesh Malek
  6. Syrian Forum
  7. Karam Foundation
  8. Dawlaty
  9. Women Now for Development
  10. Baytna Syria
  11. Badael
  12. United Medical Office in Eastern Ghouta
  13. Human Care Foundation
  14. The Day After
  15. Sham Social Development
  16. Al Seeraj for Development
  17. Syrian Network for Human Rights
  18. Violations Documentation Centre
  19. Amrha
  20. Syrian Women’s Network
  21. Coastal Health Directorate
  22. Aleppo City Medical Council
  23. Al Sham Humanitarian Foundation
  24. Local Council of Deir Ezzor City
  25. Homs Provincial Council
  26. Douma Local Council
  27. Ariha Local Council
  28. Daraya Local Council
  29. Al Hamah Local Council
  30. Syrian Civil Defence in Damascus Suburbs (The White Helmets)
  31. Atarab Civil Centre
  32. Maasar Centre
  33. Union of Syrian Civil Society Organisations
  34. Homs Media Centre
  35. Save a Soul
  36. Souriyana Al Amal
  37. For All
  38. Fazaa Organisation
  39. Huloul
  40. Emissa for Development
  41. International Supporting Woman Association
  42. Free Syrian Lawyers Association
  43. Aleppo Revolutionaries Union
  44. Centre for Peace and Community Building
  45. Syrian Activists Organisation for Monitoring
  46. Purity Centre
  47. Syrian Freedom Organisation
  48. Sham Legal Center
  49. RMTeam – Research & Management
  50. Ain Al Madinah
  51. Kawkabi Centre for Human Rights
  52. The Arab Organisation for Human Rights in Syria
  53. Rasad Foundation for Documentation and Human Rights
  54. Humena
  55. Golan Heights Hand in Hand Coalition
  56. Space of Hope
  57. Hooz Centre
  58. Wisdom House
  59. Syrian Centre for Legal Studies and Research
  60. Afaq Centre for Legal Studies and Research
  61. Trust Centre for Training and Innovation
  62. Youth Towards the Future
  63. Union of Salamieh Revolutionaries

1. Einleitung: Die politisierte Rolle von Hilfe im Syrienkonflikt

1.1 Souveräne Macht und die Erlaubnis zu agieren

Seit Anbeginn des Konflikts 2011 hat die syrische Regierung die Drohung einer Ausweisung genutzt, um einzuschränken, was die UN tun konnten, wo sie agieren konnten und wem sie helfen konnten.

Als souveräner Macht obliegt es der syrischen Regierung, den UN die Erlaubnis für einen Einsatz aus Damaskus zu erteilen oder vorzuenthalten. Sie kann entscheiden, Visa für nicht syrische UN-MitarbeiterInnen zu erteilen oder zu verweigern.  

„Die Regierung ist an der Belagerung von 99% aller belagerten Menschen beteiligt.“

Die UN sind abhängig von Einsatzgenehmigungen und zugleich benötigt die Regierung tatsächlich die Hilfsmittel der UN, um eine große Anzahl ihrer Bürger zu unterstützen. David Miliband, Präsident des International Rescue Commitee (IRC) bemerkte, dass „[…] das Assad-Regime es sich nicht leisten kann, die UN aus Damaskus hinauszuwerfen. Die UN ernähren so viele seiner [Assads] eigenen Leute.“6 Ein ehemaliger UN-Vertreter in Damaskus gab diese Einschätzung bezüglich des Welternährungsprogramms der UN (WFP) wieder: „Wenn sie damit drohen würden, Syrien zu verlassen, würde etwas passieren. Die Regierung kann es sich nicht leisten, Hilfsmittel zu verlieren.“ Die UN haben mehr Einfluss auf die syrische Regierung, als sie ausgeübt haben. Mit der Verschlechterung der humanitären Lage in Syrien wurde es von den UN als notwendig gerechtfertigt, „das Spiel der Regierung mitzuspielen“, wie ein UN-Vertreter es beschreibt, um hilfsbedürftige Menschen zu erreichen. In einem Gutachten über die Arbeit des WFP in Syrien ist zu lesen: „Die Führungsebene hat entschieden, dass es seinem Interesse – nämlich Nahrungsmittel an möglichst viele Menschen zu liefern – zu Gute kommt, enge  Beziehungen mit der syrischen Regierung beizubehalten und Verhandlungen um weiteren Zugang hinter verschlossenen Türen zu führen.“7

Jedoch hat sich der humanitäre Zugang nicht ausgeweitet. Ganz im Gegenteil. Über 9 Millionen Menschen in Syrien leben nun unter Belagerung.8 Die Regierung ist an der Belagerung von 99% aller belagerten Menschen beteiligt (Erläuterung auf Seite 33).9

Es herrscht ein schwerwiegendes Ungleichgewicht in der Quantität und Qualität der Hilfen in Gebieten unter und außerhalb der Kontrolle der Regierung. In einigen Fällen haben extremistische Gruppen, wie der Islamische Staat (IS), den Zugang der UN verhindert. In den meisten Fällen hat die Regierung absichtlich Gebiete außerhalb ihrer Kontrolle bestraft, indem sie ihnen  humanitärer Hilfen verweigert hat.

Als Konsequenz sind Tausende an den Folgen von Unterernährung und fehlender medizinischer Versorgung verstorben und Hunderte Zivilisten sind verhungert10

– einige bloß wenige Autominuten von dem  5-Sterne-Hotel in Damaskus entfernt, in dem viele internationale UN-Helfer leben.

Die Regierung ist an der Belagerung von 99% aller belagerten Menschen beteiligt

1.2 Sicherheit und Konsens

Sicherheit war nie die primäre Einschränkung des Hilfszugangs in Syrien.

In Syrien arbeiten die UN in einem gefährlichen Umfeld mit ernsten Sicherheitsbedenken. Der Verlust ihrer humanitären Prinzipien jedoch ist dem Umstand geschuldet, dass sie die Einschränkungen durch die syrische Regierung akzeptiert haben –  nicht der Sicherheitslage.

„UN-Konvois sind sogar durch belagerte Gebiete gefahren, um andere Orte zu erreichen – ein weiterer Hinweis darauf, dass das Einverständnis mit der syrischen Regierung, nicht Sicherheit, das Problem ist.“

Ein UN-Hilfsvertreter erklärte, dass die Sicherheit der UN-Mitarbeiter in Absprache mit der syrischen Regierung eingeschätzt wird. Es handelt sich dabei nicht um eine vollständig unabhängige Einschätzung, die von der UN durchgeführt wird. Demnach ist sie der Manipulation durch die syrische Regierung ausgesetzt.

UN-VertreterInnen verweisen oft auf Sicherheitsbedenken, wenn sie  kritisch zum Thema der Unparteilichkeit von Hilfen befragt werden, oder dazu, weshalb sie sich geweigert haben, Hilfsmittel über Konfliktlinien hinweg zu liefern, ohne auf die Erlaubnis der Regierung zu warten. Bislang haben sie weder Bemühungen unternommen, einen Konvoi lediglich anzukündigen und erweiterten Zugang zu fordern, noch offen gelegt, wer diese Lieferungen bedroht.

UN-Konvois sind sogar durch belagerte Gebiete gefahren, um andere Orte zu erreichen – ein weiterer Hinweis darauf, dass das Einverständnis der syrischen Regierung, nicht Sicherheit, das Problem ist. Wie UN-Sonderberater Jan Egeland bestätigte, „Die Konvois fahren sogar durch Douma nach Kafr Batna. Warum wird ihnen nicht genehmigt, in Douma anzuhalten und auszuladen?“11

Eine von der UN in Auftrag gegebene Auswertung aller öffentlich verfügbaren Gutachten stellt fest: „Der Raum für internationale humanitäre Maßnahmen wurde besonders innerhalb Syriens eingeschränkt, anscheinend eher aus internen politischen und strategischen Gründen als aus Sicherheitsgründen.“12

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2. Die Geschichte von Daraa: Wie alles begann

2.1 Die erste Belagerung

Die UN kapitulierten bereits Wochen nach den Aufständen 2011 vor der Blockade lebensnotwendiger Hilfslieferungen durch die syrische Regierung.

Nach einer Welle von Aufständen, die die gesamte Region mitrissen, ging im März 2011 auch die Bevölkerung der syrischen Stadt Daraa gegen die Regierung auf die Straße. Die militarisierte Antwort von Seiten des Regimes Bashar al-Assads kulminierte in einer Belagerung der Gegend im großen Stil: Am 25. April, kurz nach Beginn der Proteste, sperrte das Regime den Zugang von außen in die Stadt.

Nach einigen Wochen der Belagerung richteten die UN einen dringlichen Appell für humanitären Zugang in das Gebiet an die Regierung, besonders für Diabetes-Patienten, die nicht zur Dialyse konnten.

Einem UN-Vertreter zufolge gab es Pläne von mindestens einer Organisation, mit humanitären Hilfsmitteln nach Daraa vorzudringen. Allerdings wurden die UN bedroht. Derselbe Vertreter erzählte, ein Repräsentant der syrischen Regierung habe ihm mitgeteilt, sollte der Versuch einer Hilfslieferung nach Daraa erfolgen, würden UN-Mitarbeitern ihre Visa entzogen, so dass diese  Damaskus verlassen müssten. Dem UN-Vertreter wurde aufgetragen, diese Nachricht an den Leiter seiner Organisation zu übermitteln.

Ein weiterer UN-Vertreter, der zu dieser Zeit in Damaskus arbeitete, berichtete, dass der stellvertretende Außenminister Syriens, Faisal Mekdad, allen Unterorganisationen der UN, die seit März 2011 in Syrien wirkten, deutlich machte, das Außenministerium habe die Kontrolle und zögere nicht, die UN und ihre Mitarbeiter zu bestrafen, sollten sie die Regierung herausfordern.

Mekdad verurteilte einen anderen UN-Vertreter wütend für die Bekanntmachung der Notlage von etwa 30 Diabetespatienten, die während der Belagerung Daraas Dialyse benötigten.

Ein weiterer UN-Vertreter beschrieb, dass die Mitarbeiter auf anderen Besuchen im Land 2011 von den „Mukhabarat“ – den  Geheimdiensten – verfolgt wurden. Regierungsminister begleiteten sie auf ihren Reisen. Schrittweise erteilten die Ministerien für  immer weniger UN-Besuche Genehmigungen. „Nach und nach verweigerten das Gesundheitsministerium, das Bildungsministerium oder das Ministerium für Soziales die Genehmigungen. […] Die Ministerien fürchteten sich davor, die Genehmigung zu erteilen, da die Geheimdienste an Einfluss gewannen.“ Die offizielle Begründung für die Einschränkungen war die Sicherheitslage, aber der UN-Vertreter ist überzeugt, dies sei geschehen, weil „die Geheimdienste die Entscheidungsbefugnis der Ministerien übernahmen.“

2.2 Uneinigkeit zwischen UN-Organisationen

Die UN sind daran gescheitert, zu Beginn der Krise eine geschlossene Haltung bei der Forderung nach humanitärem Zugang zu bilden. Einige Unterorganisationen „waren aufs äußerste erpicht darauf,  daran, ihren Präsenz in Damaskus beizubehalten“, laut eines UN-Vertreters.

Als Antwort auf die physischen Einschränkungen und verbalen Drohungen durch die syrische Regierung, die kurz nach den Aufständen 2011 begannen tagten die in Damaskus ansässigen UN-Organisationen, um ein gemeinsames Mandat zu entwickeln. In den Worten eines Teilnehmers wollten sie der syrischen Regierung deutlich signalisieren: „Wir sind eine UN.“ Dieser Versuch scheiterte. Trotz der Bemühungen zweier der anwesenden UN-Organisationen war die überwältigende Stimmung im Raum nach Aussage eines der Teilnehmer, dass die meisten ein gemeinsames Mandat rundheraus ablehnten: „Sie tun alles, um auf gutem Fuß mit der Regierung zu bleiben“.

„Wir sollten ruhig bleiben … Wir sollten den Ball flach halten … Wir sollten weiterhin versuchen, freundlich zur Regierung zu sein.“

Ein weiterer Teilnehmer der Besprechung sagte, die Grundhaltung im Raum war: „Lasst die UN in New York reden, lasst unsere Bosse für uns sprechen. Wir sollten ruhig bleiben … Wir sollten den Ball flachhalten … Wir sollten weiterhin versuchen, freundlich zur Regierung zu sein.“

2.3 Vereine Nationen ohne rote Linien

Von Beginn an hat es den UN an Courage, Unabhängigkeit und Einigkeit gefehlt, Bedingungen für ihre Einsätze innerhalb Syriens festzulegen und rote Linien aufzuzeigen.

Die UN hat die Belagerung Daraas niemals durchbrochen. Sie haben sich dafür entschieden, auf Hilfslieferungen in die belagerte Stadt zu verzichten, um die Regierung nicht zu verärgern und zu riskieren, aus Damaskus hinausgeworfen zu werden. Dieses anfängliche Kalkül hat den Präzedenzfall dafür geschaffen, auf welche Weise nun die UN ihre Beziehung zur syrischen Regierung gestaltete und auch für den Einfluss, den dies auf humanitäre Hilfslieferungen hat.

Aus Daraa hat die syrische Regierung gelernt, dass sie die Hilfseinsätze der UN mitbestimmen kann, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen. Innerhalb der folgenden fünf Jahre hat sich die Taktik der Massenaushungerung der Zivilbevölkerung in Gebiete wie Yarmouk, Homs und Madaya ausgebreitet.

Ein ehemaliger UN-Vertreter in Damaskus sagte, „die UN hätten sich vom ersten Tag an an ihre Standards halten sollen. Sie hätten dann bereits Stellung beziehen sollen.“ Der Vorstand einer größeren humanitären Organisation, die mit den UN arbeitet, äußerte, ein rationaler Prozess hätte es geboten, „die Bedingungen für einen Einsatz im Land festzulegen.“

Eine weitere Gelegenheit, Einsatzbedingungen klarzustellen, wurde Ende 2012 verpasst, als die UN den Syria Humanitarian Assistance Response Plan 2013 gemeinsam mit der syrischen Regierung beschlossen. Dieser Aktionsplan legte eine humanitäre Strategie und einen Finanzierungsplan zur Beschaffung der Mittel in einer darauffolgenden Geberkonferenz fest.

In den Worten eines UN-Vertreters: „Die UN haben 2012 die Gelegenheit verpasst und sich der Regierung als williger Partner gezeigt. Damit war ihre Verhandlungsmacht dahin. Die Diskussion hätte 2012 stattfinden sollen, und wir hätten vereint auftreten müssen. Wir hätten der Regierung sagen sollen, ‚wenn ihr uns ruhig halten wollt, werden wir alle gehen.‘ Die UN waren so eifrig dabei, sich zu verkaufen, dass sie die Macht, die sie zu dieser Zeit hatten, aufgegeben haben. Nun ist es zusehends schwierig.“

„Aus Daraa hat die syrische Regierung gelernt, dass sie die Hilfseinsätze der UN mitbestimmen kann, ohne dafür negative Konsequenzen fürchten zu müssen.“

Wie es in einem Gutachten von OCHA heißt: „Die Regierung wollte sich in alle Aspekten der Syria Humanitarian Assistance Response einmischen und hat sich geweigert, die Rolle von OCHA als Koodinator der humanitären Hilfe anzuerkennen.“13

Die (UN)gelernten Lehren von Sri Lanka

Das Versagen der UN bei ihrer Beteiligung in Sri Lanka wird in den Gesprächen von Vertretern der UN und anderer Vertreter häufig als abschreckendes Beispiel genannt. Als Reaktion auf die Kritik an dem UN-Einsatz 2009 während des Konflikts in Sri Lanka, berief Generalsekretär Ban Ki-moon einen internen Überprüfungsausschuss ein, um den Einsatz zu evaluieren und Empfehlungen auszusprechen. Der Ausschuss deckte tiefe Schwachstellen innerhalb des UN-Systems auf. Diese zogen nach sich, dass die UN ihrer Verantwortung gegenüber der Bevölkerung Sri Lankas nicht gerecht wurden. Der Bericht beschrieb, wie die Beziehungen der UN mit der Regierung von Sri Lanka sowie andere institutionelle Unzulänglichkeiten dazu führten, dass die UN daran scheiterten, die Zivilisten in Sri Lanka zu schützen und Menschenrechtsverletzungen publik zu machen.

Die Parallelen zur Situation in Syrien sind frappierend. Ein UN-Vertreter sagte „den Sri Lanka-Bericht zu lesen ist, wie heute über Syrien zu lesen.“ Der Untersuchungsausschuss beschrieb eine „Kultur des Ausgleichs“ in den Kompromissen, die mit der Regierung Sri Lankas geschlossen wurden, so beispielsweise die Selbstzensur der UN um des humanitären Zugangs willen.14 Dennoch wurde festgestellt, dass „die UN im Stande waren, gleichzeitig für Hilfszugang zu kämpfen und unermüdlich die Verursacher der Tötungen von Zivilisten zu verurteilen.“15 Die UN-Mitarbeiter waren von ihrer Angst beherrscht, ihre Visa würden zurückgezogen oder sie verlören humanitären Zugang, wenn sie die Regierung verärgerten. Menschenrechtsfragen wurden absichtlich marginalisiert. Es gab Bemühungen durch den UN-Koordinator vor Ort und den Untergeneralsekretär für humanitäre Angelegenheiten, die Zahlen Betroffener zu verharmlosen und zu verbergen. Diese Praxis wurde sogar fortgeführt, als der Zugang zu betroffenen Regionen „fast nicht gegeben“ war.16 Das UN-Länderteam in Sri Lanka wurde als „sehr passiv“ und „schwach“ beschrieben.17

Der UN-Direktor von Human Rights Watch äußerte: „Die Versuche der UN, die Regierung Sri Lankas zu beschwichtigen, während diese massenhaft Gräueltaten an ihrem eigenen Volk verübte, stellte sich als tödlicher Fehler heraus.“18

Generalsekretär Ban Ki-moon sicherte zu, man habe Lehren aus dem Bericht gezogen und gelobte, die Erkenntnisse würden „tiefgehende Auswirkungen“ auf die Arbeit der UN weltweit haben.19

Eine Politik der „Aufrichtigkeit bezüglich der Menschenrechte“ wurde aufgezogen, um ein institutionsweites Bekenntnis zu Menschenrechten zur Geltung zu bringen. Ban Ki-moon nutzte überdies Syrien als Beispiel dafür, wie Zivilisten geschützt werden müssen. Die UN in Syrien haben keine Lehren aus Sri Lanka gezogen. In der Realität haben dieselben institutionellen Unzulänglichkeiten wie im Fall von Sri Lanka der UN ermöglicht, in Syrien die humanitären Grundsätze zu verletzen.

Postkarten aus einem Paralleluniversum: Gesundheit
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Die Abkehr der UN von Unparteilichkeit in Syrien

„Humanitäre Maßnahmen müssen ausschließlich aufgrund der Bedürftigkeit durchgeführt werden, die dringendsten Notlagen müssen Vorrang haben,  und dürfen nicht aufgrund von Nationalität, ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht, Religion, sozialer Schicht oder politischen Ansichten diskriminieren.“ UN OCHA Grundsatz der Unparteilichkeit

3.1 Die, die Hilfe am dringendsten benötigen

In ganz Syrien befinden sich Menschen in fatalen humanitären Notlagen, besonders unter den Binnenvertriebenen. Die verletzlichsten Gruppen leben in Gebieten außerhalb der Kontrolle der Regierung.

Dies lässt sich auf eine Reihe von Faktoren zurückführen, wie Luftangriffe, die auf diese Gebiete abzielen, die Zerstörung der medizinischen Infrastruktur, dass humanitärer Hilfe der Zugang verweigert wird, und dass Belagerung als Kriegswaffe eingesetzt wird.

Über eine Millionen Menschen in Syrien leben unter Belagerung und sind abgeschnitten von Nahrung, Wasser, medizinischer Versorgung sowie Elektrizität.23 Die Regierung ist an der Belagerung von 99% aller Menschen unter Belagerung beteiligt.[/note] Jeder einzelne der mehreren hundert Hungertode in Syrien geschah in Gebieten, die durch die Regierung oder ihre Verbündeten belagert wurden.24

Insgesamt leben 4,6 Millionen Menschen in Gebieten, die die UN als schwer zu erreichen („hard-to-reach“) einstufen.25 Der Großteil davon sind Gebiete außerhalb der Kontrolle durch die Regierung.

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3.2 Grenz-  und Frontenüberschreitende Hilfe

Erfolgsbilanz der konfliktlinienüberschreitenden Hilfe der UN

Hilfe über Konfliktlinien hinweg zu liefern, ist der einzige Weg der UN, Menschen unter Belagerung und in schwer erreichbaren Gebieten vom Zentrum des Hilfseinsatzes in Damaskus aus zu erreichen.

Hilfe über Konfliktlinien hinweg zu liefern, ist der einzige Weg der UN, Menschen unter Belagerung und in schwer erreichbaren Gebieten vom Zentrum des Hilfseinsatzes in Damaskus aus zu erreichen.

„2015 erreichten die UN nur 1,4% der Menschen unter Belagerung.“

Die in Syrien agierenden UN-Organe halten an einem unnötig komplexen Verfahren fest, um die Zustimmung der syrischen Regierung zu vorgeschlagenen Hilfslieferungen innerhalb des Landes einzuholen. Für jede Feldmission und jeden Konvoi der UN ist folgendes erforderlich: 1) eine Anfrage an das Außenministerium mindestens 72 Stunden vor Einsatzbeginn; 2) ein Unterstützungsbescheid des Syrischen Roten Halbmonds (SARC) nach Eingang der Genehmigung durch das Außenministeriums; 3) die Ausstellung eines Bescheids des Ministeriums für Soziales; 4) im Falle der Lieferung von medizinischer Versorgung zusätzlich die Ausstellung eines Bescheids durch das Gesundheitsministerium.26

Wie ein UN-Vertreter berichtete, ist dieses „aufgezwungene mühsame System kein Weg, ein humanitäres Programm durchzuführen. Das Außenministerium als ersten und wichtigsten Ansprechpartner zu haben bedeutet, die politische Natur der Interaktion zwischen den UN und den syrischen Autoritäten zu akzeptieren.“

2015 führte nur rundeiner von zehn Anträgen (aus insgesamt 113 Anträgen) für Einsätze in belagerte oder schwer zu erreichende Gebiete außerhalb der Kontrolle des Regimes tatsächlich zur Lieferung. Fast 75% der Anträge wurden komplett ignoriert.27 Einer der UN-Vertreter erklärte, diese Anträge seien bereits vorab, „auf der Ebene der Organisationen zensiert“ worden, was bedeutet, dass schon die Anzahl der Anträge gering gehalten wurde, um die Regierung nicht zu „verärgern“. Hätte die Anzahl an Anträgen das Ausmaß der Lage wiederspiegelt, wären prozentual sogar noch mehr abgelehnt worden.  

 

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Die geringfügige Verbesserung 2016 erfolgte durch die Verhandlungen der Mitglieder der International Syria Support Group, inklusive der USA und Russlands.

Im Jahr 2015 erreichten die UN durchschnittlich jeden Monat nur 1,4% der Bedürftigen in belagerten Gebieten sowie 8% in schwer zu erreichenden Gebieten.36 Die Berichterstattung der UN über Belagerungen ist mangelhaft. So beziffern sie die Zahl der Menschen, die unter Belagerung leben, auf lediglich  486.700 Menschen anstelle der eigentlichen eine Million Menschen, die unter Belagerung leben. Tatsächlich erreichen sie also weit unter 1% der Bedürftigen. Auch Darstellungen des WFP über frontlinienüberschreitende Hilfslieferungen zeigen, dass die Regierung fast die gesamte Nahrungsmittelhilfe innerhalb Syriens in die eigenen Gebiete umgeleitet hat.

In den Worten eines ehemaligen UN-Vertreters: „Es handelt sich um einen zutiefst fehlerhaften und einseitigen Einsatz.“

 

Erfundene Zahlen

Die Berichterstattung der UN über ihre Wirkungen in Syrien ist sowohl undurchsichtig, als auch irreführend. Die Organisationen verwenden die Formulierung „Anzahl erreichter Personen“ als Indikator ihrer Wirksamkeit. Beispielsweise eine Millionen Menschen zu erreichen, bedeutet jedoch nicht, „dass diese die Unterstützung, die sie benötigen erhalten haben“, wie ein humanitärer Helfer äußerte, der für ein Konsortium syrischer und internationaler Organisationen arbeitet.

OCHA etwa veröffentlichte einen aktualisierten Bericht, laut dem seit Beginn des Jahres 2016 255.250 Personen in belagerten Gebieten „erreicht“ wurden.37

Diese Zahl umfasst auch Menschen, die bloß ein einziges Mal erreicht wurden. Wenn eine von fünf Familien im Januar einmalig einen Korb mit Nahrungsmitteln erhalten hat, der für drei Wochen reichen soll, würde sie zu den 255.250 erreichten Menschen bis zum 3. Mai dazugezählt. Die UN erheben ihre Zahlen nicht prozentual anhand erfüllter Bedürfnisse, obwohl dieser Prozentsatz weit eher die Wirklichkeit widerspiegelt würde. Ein UN-Vertreter fügte hinzu, dass die UN die Anzahl der verschickten Pakete und Versorgungsgüter hinsichtlich dessen zählt, wie viele Menschen davon profitieren würden. Dagegen wird nicht konsequent überprüft, inwieweit die Pakete die relevanten Personen erreicht haben.

Nach einer Sitzung der Humanitarian Task Force, einer Gruppierung, die aus den wichtigsten Unterstützern der Konfliktparteien, als auch der UN besteht, verwendete der Sondergesandte für Syrien Staffan De Mistura Zahlen von OCHA. Demnach wurden seit Februar 220.000 Menschen in belagerten Gebieten erreicht – „mehr oder weniger“ die Hälfte. Da OCHA die Anzahl Menschen, die unter Belagerung leben – die fast eine Million beträgt – nur sehr unvollständig erfasst und meldet, liegt der tatsächliche Anteil erreichter Personen nahe 20%.

Die angeführten Zahlen sind kritisch. Die Anzahl „erreichter“ Menschen ist ein sehr schwacher Indikator für die Wirksamkeit oder Effektivität der UN in Syrien. Über diese wissen wir nichts.

Rechtliche Grundlage

Nicht-Regierungsgebieten durch grenzüberschreitende Hilfslieferungen zu erreichen. Die UN-Organisationen haben die Hinweise von Experten, dass ein solches Vorgehen rechtmäßig wäre, zurückgewiesen, da sie Bedenken haben, die Regierung zu verstimmen.

Um Menschen in Not zu erreichen, die in Gebieten außerhalb der Kontrolle des Regimes leben, müssen Hilfslieferungen entweder über Konfliktlinien hinweg erfolgen – was die Regierung häufig ablehnt – oder sie werden grenzüberschreitend von Nachbarländern aus nach Syrien getätigt.

„Es war eine vorsätzliche Entscheidung der UN, grenzüberschreitende Maßnahmen zu meiden, solange es dafür keine Resolution des UN-Sicherheitsrates gab, um ihren Zugang zu Regierungsgebieten zu sichern.“

Während der ersten drei Jahre des Konflikts haben sich die UN geweigert, ohne die Zustimmung der syrischen Regierung von Nachbarländern aus über die Grenzen Hilfsmittel in Nicht-Regierungsgebiete zu liefern. Öffentlich erklärten die UN dies mit Bedenken bezüglich der Rechtmäßigkeit eines solchen Unterfangens – und das, obwohl viele eine rechtliche Grundlage dafür sehen. Die syrische Regierung hatte der UN bereits zuvor mitgeteilt, die Überquerung von Grenzen überschreite eine rote Linie und die Konsequenz sei die Ausweisung aus Damaskus. Ein ehemaliger Vertreter der UN berichtete, die UN bestünden darauf, konfliktlinienüberschreitende Lieferungen seien ausreichend, „auch wenn sämtliche Anzeichen dagegen sprachen.“

2014 hat ein Zusammenschluss führender internationaler Rechtsanwälte und Rechtsexperten einen offenen Brief an die UN veröffentlicht, der besagt: „Unserer Einschätzung nach gibt es keine rechtlichen Hindernisse für die UN, direkte grenzüberschreitende Hilfseinsätze durchzuführen.“38

Aufgrund dessen und des darauffolgenden öffentlichen Engagements prominenter humanitärer- und Menschenrechtsorganisationen sowie der syrischen Opposition und Zivilgesellschaft begannen die UN, den Weg zur grenzüberschreitenden Lieferungen zu ebnen.

OCHA führte die Lobbyarbeit für eine neue Resolution des Sicherheitsrats an, wurde dabei laut eines ehemaligen UN-Vertreters jedoch intern von mehreren Organisationen in Damaskus nicht unterstützt. Diese lehnten eine Änderung ab, da ihrer Ansicht nach die Beziehungen mit der Regierung Priorität haben sollten.

In einer Studie über den humanitären Zugang in Syrien ergaben Interviews mit UN-Vertretern: „Es war eine vorsätzliche Entscheidung der UN, grenzüberschreitende Maßnahmen ohne eine Resolution des Sicherheitsrates zu meiden, um ihren Zugang zu Regierungsgebieten zu sichern.“39

Die UN bevorzugten, Zugang zu Regierungsgebieten zu erhalten anstatt Zugang zu Gebieten außerhalb der Regierungskontrolle hinzuzugewinnen. Dabei herrschten besonders in letzteren „die dringlichsten Notlagen“. Das Handeln der UN widerspricht der Leitlinie, dass humanitäre Maßnahmen allein auf der Basis von Bedürftigkeit durchgeführt werden dürfen und bricht somit den Grundsatz der Unparteilichkeit.

Im Juli 2014 hat der UN Sicherheitsrat Resolution 2165 beschlossen, die es den UN kategorisch genehmigt, frontlinien- und grenzüberschreitend humanitäre Hilfe zu leisten: „Der Sicherheitsrat beschließt, dass die humanitären Organisationen der Vereinten Nationen und ihre Durchführungspartner ermächtigt sind, Konfliktlinien überschreitende Wege und zusätzlich zu den bereits genutzten Grenzübergängen diejenigen von Bab al-Salam, Bab al-Hawa, Al-Jarubija und Al-Ramtha zu nutzen, um sicherzustellen, dass die humanitäre Hilfe, einschließlich medizinischer und chirurgischer Hilfsgüter, die Bedürftigen in ganz Syrien auf den direktesten Wegen erreicht, unter Benachrichtigung der syrischen Behörden, und hebt zu diesem Zweck die Notwendigkeit hervor, alle Grenzübergänge effizient für die humanitären Einsätze der Vereinten Nationen zu nutzen.“40

Dies wurde in den Resolutionen 2209 und 2254 bestärkt, die es den UN außerdem erlaubten Konfliktlinien- und grenzüberschreitende Lieferungen ohne Genehmigung der syrischen Regierung zu tätigen. Diese Resolutionen wurden einstimmig angenommen, einschließlich der Verbündeten der syrischen Regierung China und Russland.

Erfolgsbilanz der grenzüberschreitenden Hilfe der UN

Die UN haben ein grenzüberschreitendes Programm ins Leben gerufen, das sein Potenzial allerdings nicht voll ausschöpfen kann. Darüber hinaus ist zu befürchten, dass es gekürzt wird, da in Damaskus ansässige UN-Organe darauf drängen, es zu beeinflussen oder zu kontrollieren.

Von der Türkei, Jordanien oder dem Irak aus zu arbeiten hat sich als der effektivste und erfolgreichste Weg herausgestellt, mit grenzüberschreitenden Hilfslieferungen die Menschen in Gebieten außerhalb der Kontrolle durch die Regierung, die nicht belagert werden, zu erreichen. Dies bestätigten viele der befragten, erfahrenen humanitären Helfer. Viele plädierten darüber hinaus dafür, sich vorrangig für mehr grenzüberschreitende Lieferungen einzusetzen.

„Man kann alle Resolutionen der Welt haben […] aber wenn du [Vize-Außenminister] Faisal Mekdad zu triffst und er sagt, ‚wenn du grenzüberschreitend arbeitest, bist du draußen‘, dann wirst du keine grenzüberschreitende Arbeit machen.“ Ehemaliger UN-Vertreter

Allerdings ist ein OCHA-Bericht, der im März 2016 veröffentlicht wurde, zu dem Schluss gekommen, dass „aus der Gelegenheit, Grenzen zu überqueren, eine schrittweise Veränderung des Ausmaßes und der Reichweite des humanitären Einsatzes in Syrien folgen muss.“ Derselbe Bericht bemerkt außerdem: „In Damaskus ansässige Organisationen sind träge darin, grenzüberquerenden Routen zu nutzen. […]Sie waren durchweg um ihr Verhältnis zur syrischen Regierung bemüht.“41

Mehrere ehemalige und aktuelle Vertreter der UN berichteten, dass das geringe Ausmaß des grenzüberschreitenden Programms zeigt, wie zurückhaltend die UN in dieser Sache war, allzu viel Druck auf die Regierung auszuüben. Wie ein ehemaliger Vertreter es formulierte:  „Man kann alle Resolutionen der Welt haben […] aber wenn du [Vize-Außenminister] Faisal Mekdad triffst und er sagt, ‚wenn du grenzüberschreitend arbeitest, bist du draußen‘, dann wirst du keine grenzüberschreitende Arbeit machen.“

Das grenzüberschreitende Programm muss ausgeweitet werden, jedoch gibt es derzeit Befürchtungen, es könne gekürzt oder komplett gestrichen werden. 2016 berichteten syrische und internationale humanitäre Organisationen, dass unter UN-Mitarbeitern in der Region erneut darüber diskutiert wird, ob grenzübergreifende Hilfen eine Verletzung der Souveränität darstellen. In der Besprechung einer syrischen Organisation mit dem regionalen Koordinator für humanitäre Hilfe deutete dieser an, man würde zu Lasten der grenzüberschreitenden Unterstützung die Mittel für Konfliktlinien überschreitenden Hilfen aufstocken. Eine syrische Organisation merkte an, die „Drohung einer Kürzung der grenzüberschreitenden Unterstützung“ sei Anlass zu „großer Sorge.“ Ein UN-Vertreter und mehrere humanitäre Helfer sprachen von wiederholten Versuchen durch OCHA in Damaskus, den Vertretungen von OCHA in der Türkei und in Jordanien die Kontrolle über die grenzüberschreitenden Einsätze zu entreißen.

3.3 Vergleich von Gebieten in und außerhalb der Kontrolle der Regierung

Die Zurückhaltung der UN bei grenz- und Konfliktlinien überschreitenden Einsätzen hat zu einem schwerwiegenden Ungleichgewicht in der Quantität und Qualität der Hilfen in Gebieten unter und außerhalb der Kontrolle der Regierung geführt.

Die verletzlichsten Zivilisten des Landes leben in Gebieten, die sich nicht in der Hand des Regimes befinden. Ihre Lebensgrundlage ist prekär, sie erhalten noch nicht einmal grundlegende Dienstleistungen, sind kaum geschützt und unterliegen der eingeschränkten Bewegungsfreiheit von Menschen und Versorgung.

Während der Hochzeit des internationalen Drucks für Hilfszugang im Laufe des „Waffenstillstands“ im April 2016 wurden 71,5% der grenzüberschreitenden Nahrungsmittellieferungen von Damaskus aus in Regierungsgebiete geliefert.42 Im Jahr 2015 waren es 81,8%. Nun, da Verhandlungen und Friedensgespräche zum Erliegen gekommen sind, wird sich der Anteil voraussichtlich wieder dem Niveau von 2015 annähern.43

Es ist allerdings irreführend, ausschließlich Anteile zu betrachten. Die Art der Hilfen in beiden Gebieten unterscheidet sich radikal. In Regierungsgebieten können die UN Wiederaufbauinitiativen, Livelihood- und Bildungsprogramme44 sowie groß angelegte Nahrungsmittelverteilungen durchführen.

Die UN-Hilfen, die die Regierung in Gebiete außerhalb erlaubt, sind hingegen fast ausschließlich auf Konvois von LKWs beschränkt, die Nothilfe liefern. Viele humanitäre Helfer berichten, dass Konvois an sich nicht „Zugang“ bedeuten, da sie nur vereinzelt erfolgen und nicht die fortwährenden Bedürfnisse der Zivilbevölkerung decken. Beispielsweise ist ein Korb mit Nahrungsmitteln in wenigen Tagen oder Wochen verbraucht, aber der nächste Konvoi kommt erst nach Monaten oder Jahren. Die Stadt Madaya zum Beispiel wird seit Juli 2015 belagert. Im Oktober 2015 gelang es einem Konvoi, die Stadt zu erreichen. Im Dezember jedoch verhungerten die Menschen.

Die Konvois von Oktober stellen keinen Zugang dar. Konvois eignen sich für die Bereitstellung von medizinischer Versorgung weitaus schlechter, als für die Verteilung von Nahrungsmitteln. Die medizinische Infrastruktur in Gebieten außerhalb der Kontrolle der Regierung steht nach den Luftangriffen durch die syrische Regierung auf Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen kurz vor dem Kollaps. Weil die Verhandlungen und Lieferungen jedoch so streng von der syrischen Regierung kontrolliert werden, wurden routinemäßig essentielle medizinische Hilfsmittel aus der Fracht der Konvois entfernt. 45

„Weil die Verhandlungen und Lieferungen so streng von der syrischen Regierung kontrolliert werden, haben die Konvois routinemäßig kritische medizinische Lieferungen aus der Fracht entfernt.“

Die UN hat in einigen Gebieten ein derart enges Arbeitsverhältnis mit der Regierung, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bis vor kurzem im syrischen Gesundheitsministerium untergebracht war.46 Zudem profitieren Regierungsgebiete von Projekten wie einem gemeinsamen Symposium zwischen dem Gesundheitsministerium, WHO und UNICEF zum Thema Stillen am Arbeitsplatz47 oder einem durch UNICEF und das Umweltministerium organisierten Programm zum Engagement von Kindern im Umweltschutz.48 Dies sind zweifellos lobenswerte Projekte, aber wohl kaum vordergründige Krisenmaßnahmen, wenn nur fünf Meilen entfernt Menschen verhungern und UN-Organisationen so häufig davon sprechen, wie mühsam es ist, die geplanten Einsätze im Rahmen der Syria Response-Pläne zu finanzieren.

3.4 Blinde Hilfslieferungen

Wenig Überblick darüber, wo Hilfsmittel landen

Eine im März 2016 publizierte Auswertung von OCHA stellte fest: „Es gibt bisher weder eine systematische und wissenschaftliche Datenerhebung über die Bedarfe in den Regierungsgebieten, noch darüber, welche Wirkung erzielte wurde oder darüber, wohin der Großteil an Hilfsmitteln ging.“49 Derselbe Bericht erläutert: „Es war extrem schwierig, die ausgelieferten Hilfen zu überprüfen.“50

„Es gibt bisher weder eine systematische und wissenschaftliche Datenerhebung über die Bedarfe in den Regierungsgebieten, noch darüber, welche Wirkung erzielte wurde oder darüber, wohin der Großteil an Hilfsmitteln ging.“

Gemäß eines Vertreters und eines Gutachters der UN werden WFP-Nahrungsmittelhilfen dem Syrischen Roten Halbmond (SARC) oder anderen Kooperationspartnern übergeben, die sie weiterleiten. WFP darf mit Genehmigung einige der Auslieferungen überprüfen. Die Missionen, die WFP prüfen darf, werden durch die syrische Regierung ausgewählt. Ein Gutachten von WFP bemerkt, dass es „machbar“ sei, dass Mitarbeiter die Lieferungen überprüften. „Aus Sicherheitsgründen“ jedoch, hätte zwischen Juli 2013 und März 2014 nur ein Viertel der geplanten Visiten stattgefunden.51Über das System der Überwachung durch Dritte gab es ebenfalls nur „begrenzt direkten Zugang zu den Begünstigten.“52

In den Worten eines ehemaligen UN-Vertreters gestaltet sich die Zusammenarbeit mit SARC folgendermaßen: „Du übergibst es SARC und hast es vom Tisch. SARC kümmert sich darum oder eben nicht.“

„Du übergibst es SARC und hast es vom Tisch. SARC kümmert sich darum oder eben nicht.“

Der von OCHA verwaltete Financial Tracking Service (Finanzüberwachungsdienst) bietet keine detaillierte Berichterstattung darüber, wohin das Geld geht und wie es innerhalb des Landes eingesetzt wird.

Die UN haben seit 2011 über 3 Milliarden Dollar innerhalb Syriens ausgegeben.53 Die UN können die Unparteilichkeit von Hilfslieferungen nicht sicherstellen, solange sie nach ihrer eigenen Einschätzung keine systematischen Daten darüber haben, wohin die Hilfen gehen.

Die UN im ehemaligen Jugoslawien und Syrien – zwei verschiedene Ansätze für den Hilfszugang

Die Zurückhaltung der UN im Syrien-Einsatz tritt noch schärfer hervor angesichts ihrer Offenheit während des Kriegs im ehemaligen Jugoslawien.

Die britische Zeitung The Independent hat rekonstruiert, wie die UN-Konvois an die bosnisch-serbische Grenze gefahren wurden und 8 Stunden auf den Zugang warten mussten. Nach dem dieser verweigert wurde „versprachen frustrierte UN-Führungskräfte, es [am nächsten Tag] erneut zu versuchen.“ The Independent führte aus, dass der damalige Leiter der UN-Flüchtlingshilfe, Jose Maria Mendiluce, eine „Konfrontation von Angesicht zu Angesicht“ mit dem Oberhaupt der bosnischen Serben Karadzic über dessen Einsatz von Aushungern als Waffe hatte. Mendiluce „erklärte, man würde Herrn  Karadžić  einen Zeitplan von Hilfskonvois vorlegen, mit dem die UN beabsichtigen bis zu 100.000 im Osten Bosniens eingeschlossene Muslime zu unterstützen. ‚Wir werden nicht verhandeln‘, bekräftigte er.“54 1994, ein Jahr später, entschieden die UN unilateral, dass sie nicht länger auf die Genehmigung der Konfliktparteien warten würden, bevor Konvois Frontlinien überqueren.55

Die Eindringlichkeit Mendiluces sowie die Entschlossenheit der UN, die Zugangsverweigerung in der Presse zu veröffentlichen und dem Anführer einer der Konfliktparteien gegenüberzutreten, ist weit entfernt von der derzeitigen Arbeitsweise der UN in Syrien. Ein hochrangiger UN-Vertreter im ehemaligen Jugoslawien machte öffentlich der Washington Post gegenüber Bemerkungen, wie „Den Serben soll es nicht erlaubt werden, zu entscheiden, wann wir Maglaj mit Nahrungsmitteln unterstützen können. […] Wenn es jemals einen Punkt geben sollte, an dem die UN ihre neue Härte zeigen muss, dann ist es genau dieser. Diese Menschen sind nur noch Haut und Knochen und sie brauchen Nahrung.“56 In Syrien hingegen enthielten sich die UN jeglicher Kritik an der Belagerung Madayas, bei welcher Menschen verhungerten, und begrüßten die schlussendliche Zustimmung der Regierung, einen Konvoy dorthin auszusenden. Die Verhandlungen über Belagerungen verbildlichen, wie sehr die Einsätze in Syrien von einer extremen Fügsamkeit der UN gegenüber der Regierung sowie Selbstzensur gezeichnet sind.

3.5 Die misslungene Verhandlungsstrategie der UN

Kein Einfluss in Verhandlungen

Indem die UN zu Beginn der Aufstände ablehnten, jegliche Bedingungen oder rote Linien für ihre Zusammenarbeit mit der Regierung festzusetzen, haben sie viel von ihrer Verhandlungsmacht eingebüßt.

Durch die Zugeständnisse der UN selbst sind die UN 2015 in 90% der Fälle daran gescheitert, nicht nur eine grundsätzliche Genehmigung für humanitären Zugang zu erreichen, sondern letztlich tatsächlich Hilfe ausliefern zu können.57 Beispielsweise haben die UN jahrelang um den Zugang zur Stadt Daraya verhandelt. Humanitäre Organisationen konnten seit November 2012 keine Nahrungsmittellieferungen mehr in die Stadt tätigen.

In Mai 2016 haben die UN sich die Zustimmung erkämpft, Impfungen, medizinische Ausrüstung, Hygienekitts und Babymilch – allerdings keine Nahrungsmittel – in die Stadt zu bringen. Die Menschen versammelten sich am 12. Mai, um den Konvoi in Empfang zu nehmen. Bevor dieser die Stadt erreichen konnte, wurde er durch Regierungstruppen aufgehalten, verlangten, dass Babymilch und medizinischen Ausrüstung aus der Lieferung entfernt würden. Die Verhandlungen zwischen den beiden Seiten dauerten bis zum Abend an. Schlussendlich kehrte der Konvoy nach Damaskus zurück, ohne jegliche Lieferung nach Daraya. Die Regierung bombardierte anschließend die Zivilisten, die nach einem Tag des Wartens zurück nach Hause gingen, wobei ein Vater und sein Sohn getötet und fünf andere Menschen verletzt wurden.58

Belagerte Gebiete werden als Spielfiguren benutzt, „denen nur dann Hilfe gewährt wird, wenn es politisch vorteilhaft ist.“59 Pierre Boulet Desbarreu, der Programmanager von Ärzte ohne Grenzen in Syrien drückt es folgendermaßen aus: „Die verschiedenen Konfliktparteien lernen: Je stärker man die Bevölkerung in Geiselhaft nimmt, desto mehr lässt sich aus Verhandlungen herausholen.“60

Die Regierung versteht, dass die UN ohne rote Linien weiterhin nach ihrem Willen arbeiten und keine Verhandlungsmacht besitzen, um humanitären Zugang zu sichern.

Die UN befinden sich daher in einer schwachen Position, in der sogar noch verhandelt wird, wenn Aushungern als Kriegswaffe eingesetzt wird. Dabei handelt es sich um ein Kriegsverbrechen. Aufgrund dieser verhandlungsbasierten Zugangsstrategie versagen die UN dabei, denen Hilfe zu gewährleisten, die sie am meisten benötigen.

„Belagerte Gebiete werden als Spielfiguren benutzt, ‚denen nur dann Hilfe gewährt wird, wenn es politisch vorteilhaft ist‘.“

„1:1“-Verhandlungen oder Zugang gemäß „Wie du mir, so ich dir“

Die Verhandlungen scheitern nicht nur am Zugang. In den schlimmsten Fällen werden Gebiete durch Vereinbarungen gegeneinander ausgespielt, was humanitäre Nöte zum Gegenstand politischen Geschachers degradiert, Zivilisten bestraft und Anreize schafft, Gebiete aus taktischen Erwägungen zu belagern. .

Das im Dezember 2015 ausgehandelte „Vier-Städte-Abkommen“ beinhaltet eine gleichrangige Behandlung der Bedürfnisse in den betreffenden Städten. Demnach müssen jegliche Hilfen, die die von der Regierung belagerten Städte Madaya und Zabadani erhalten, auch den von Rebellen belagerten Städten Foah und Kefraya zugutekommen und umgekehrt.

Dies hat zum Tod von Zivilisten, inklusive Kindern, geführt. Am 29. März 2016 hoben drei Jungen ein seltsames Metallteil nahe eines verlassenen Checkpoints in Madaya auf. Ein Nachbar erkannte, worum es sich handelte und schrie die Jungen an, woraufhin diese es fallenließen. Es explodierte und tötete ein Kind sofort. Die beiden Überlebenden wurden in Madayas kleines und schlecht ausgestattetes Krankenhaus gebracht, wo ein Junge kurz darauf seinen Verletzungen erlag. Der dritte hätte überleben können, hätte man ihn ins naheliegende Damaskus verlegt. Aber in „einem besonders extremen Beispiel von 1:1-Verhandlungen“, wie eine involvierte syrische Organisation urteilt, wurde seine Verlegung abgelehnt, denn es gab keine Person aus Foah und Kefraya, die zu diesem Zeitpunkt in einer ähnlichen Situation war. In Madaya konnte der Junge nicht gerettet werden.

UN Sprecher Stephane Dujarric konstatierte: „Wir befinden uns nun in einer bizarren Situation, in der es für Evakuierungen eine Gegenleistung nach dem ‚Wie du mir, so ich dir‘-Prinzip geben muss. Medizinische Bedürfnisse der Menschen werden politischen Realitäten untergeordnet.“61 Die UN mögen Bedenken oder Kritik an der Situation äußern. Eine syrische Organisation jedoch, die an der Behandlung der Jungen in Madaya beteiligt war erklärte, die UN „haben dies im Wesentlichen gebilligt, da sie in der Position sind, den Zugang zu koordinieren.“

Wie der ehemalige Leiter von UNRWA in Damaskus erläutert: „In diesem Konflikt waren Hilfsmittel schon immer ein viel genutzter Trumpf von Seiten des Regimes. […] Die politisierte Rolle von Hilfe steht im Vordergrund und wirft jede Spur von Unabhängigkeit und Unparteilichkeit aus dem Fenster.“ 62

Internationale NROs, die gleichen Einschränkungen

Internationale humanitäre Organisationen, die mit Zustimmung der syrischen Regierung in Damaskus arbeiten, operieren unter den gleichen Widrigkeiten wie die UN. Sie riskieren daher ebenfalls, von den humanitären Prinzipien abzuweichen.

Als Mercy Corps, eine der größten Hilfsorganisationen in Syrien, begann, grenzüberschreitende Hilfseinsätze durchzuführen, erzwang die Regierung die Schließung des Büros in Damaskus. Mercy Corps musste sich entscheiden, Hilfslieferungen an Menschen entweder in Gebieten außerhalb oder innerhalb der Kontrolle durch die Regierung zu tätigen.63 Die Organisation entschied sich für die Fortführung der grenzüberscheitenden Hilfseinsätze.

Die Regierung hat ein leichteres Spiel damit, einzelne NROs aus Damaskus auszuweisen. Weitaus schwieriger ist es mit den UN, einerseits aufgrund der großen Summen, die sie aufwenden und andererseits, da die Regierung ihre Reputation riskieren würde, müssten die UN Damaskus verlassen.

Ende Mai haben mehrere humanitäre Helfer berichtet, dass einige internationale Organisationen erwägen, sich in Damaskus einzurichten und die Arbeit in oppositionellen Gebieten einzustellen.

Postkarten aus einem Paralleluniversum: Nahrung
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4. Die Abkehr der UN von Unabhängigkeit in Syrien

„Humanitäre Hilfe muss unabhängig von politischen, wirtschaftlichen, militärischen oder anderen Zielen anderer Akteure sein, die diese in den Einsatzgebieten haben.“ UN OCHA Grundsatz der Unabhängigkeit

4.1 Einfluss der Regierung auf die humanitäre Strategie der UN in Syrien

Dass die syrische Regierung Beiträge und Ausgaben der UN steuern kann, geht weit über das Veto bei Hilfslieferungen hinaus. Die syrische Regierung ist auch im Stande, große Kontrolle über die humanitäre Strategie der UN auszuüben, was der Unabhängigkeit der Organisation einen ernsthaften Schlag versetzt.

Ein Schlüsselinstrument, durch das die Regierung Kontrolle über die Mittel der UN ausübt, ist der Syria Humanitarian Response Plan. Dieses jährlich erarbeitete Dokument legt den Finanzierungsbedarf der UN für den Einsatz in Syrien und der Region dar. Über 3 Milliarden Dollar wendeten die UN zwischen 2013 und 2015 in Syrien auf.66 2016 benötigen die UN ein Budget von 3,18 Milliarden Dollar zur Implementierung ihrer Strategie innerhalb des Landes.67

Humanitäre Helfer, die für eine OCHA-Evaluierung befragt wurden, gaben an, die syrische Regierung habe das Dokument durchgearbeitet und dabei „im ‚Sowjet-Stil‘ um Zeile für Zeile verhandelt“.68 Die Auswertung formuliert prägnant: „Auf Länderebene war Strategie nicht ausschließlich OCHA unterstellt. In Syrien hat die Regierung dominiert.“69

Regierungen nehmen für gewöhnlich an der Bedarfsanalyse teil und bewilligen die Finanzierungspläne. Das Problem in Syrien liegt darin, dass die Regierung eine unverhältnismäßig starke Kontrolle über den Wortlaut des Dokuments hat. Dies wird bereits seit dem ersten Aufruf 2012 toleriert.

„Auf Länderebene war Strategie nicht ausschließlich OCHA unterstellt. In Syrien hat die Regierung dominiert.“

Die Erwähnung von Belagerungen wird unterbunden

In der Vorbereitung des Humanitarian Response Plans 2016 traten die Auswirkungen der Absegnung des Dokuments durch die Regierung am stärksten zu Tage. Die Regierung bearbeitete das Dokument dergestalt, dass sämtliche Nennungen der Begriffe „Belagerung“ oder „belagerte Gebiete“ herausgenommen wurden. Die UN willigten ein.70

Ein syrischer humanitärer Helfer, der in die Verhandlungen um den Humanitarian Response Plan involviert war, hob hervor, dass OCHA signifikanten Druck ausübte, um die Bedürfnisse in gewissen Gebieten anzupassen, sodass sie dem entsprachen, was erreicht werden könnte.

4.2 Einfluss der Regierung auf die Personalbesetzung

Wie in der Einleitung ausgeführt, müssen allen ausländischen UN-Mitarbeitern in Syrien durch das Außenministerium Visa ausgestellt werden. Wo immer sie sich in Syrien befinden werden die Bewegungen der Mitarbeiter von den staatlichen Sicherheits- und Nachrichtendiensten sorgfältig überwacht. In mehreren Fällen, in denen UN-Mitarbeiter nicht der Linie der Regierung gefolgt sind, wurden diese gebeten, das Land zu verlassen.

Ein prominenter humanitärer Helfer, der eng mit der UN zusammenarbeitet, beschreibt sogar, die syrische Regierung vergebe Visa an Nationalitäten und Personen, die sie „möge“. Mitarbeiter, denen die Regierung vertraut, werden ihre Einflussnahme nicht anfechten. Dass sie willfährig sind, wird als wichtiger eingeschätzt als Erfahrung und Kompetenz. Dies zeigt eine weitere Dimension dessen, wie die  Regierung Einfluss auf UN-Hilfseinsätze nimmt.

Die Visa mehrerer UN-Mitarbeiter wurden nicht verlängert. Ein UN-Vertreter, der vier solcher Fälle im Detail wiedergab, sagte, die Organisationen haben sich dazu entschieden, die Entscheidungen der Regierung zu akzeptieren und zu hoffen, es würden dafür anderen Mitarbeitern Visa ausgestellt.

In den meisten Fällen hat die Regierung die jeweiligen Mitarbeiter nicht offiziell zur „persona non grata“ erklärt und auch keine spezifischen Gründe für ihre Entscheidungen angegeben. Daraufhin haben die Organisationen ihre Mitarbeiter unter dem Vorwand routinemäßiger Rotation oder anderer administrativer Prozesse abberufen. Zumeist beschuldigte die Regierung UN-Mitarbeiter des Engagements in politischen Aktivitäten und der Beihilfe für „Terroristen“. Dabei kamen die Mitarbeiter bloß ihrer Pflicht nach, die am stärksten gefährdeten Menschen zu erreichen und Vertriebene zu unterstützen.

Insgesamt sind weiterhin 35 Mitarbeiter der UN in Syrien inhaftiert oder werden vermisst.71 Laut eines Vertreters der UN, der mit diesen Fällen vertraut ist, befindet sich fast jeder von ihnen in Gewahrsam der Regierung. Die UN haben die syrische Regierung nie öffentlich dafür kritisiert, dass UN-Mitarbeiter in Gefängnissen festgehalten werden, über die weitreichende Vorwürfe von Menschenrechtsorganisationen bezüglich Massenfolterungen vorliegen.

Die Anstellung Shukria Mekdad

Im Februar 2016 stellte sich heraus, dass WHO die Frau des Vize-Außenministers Faisal Mekdad, Shukria Mekdad, angestellt hatte. Sie sollte die psychische Gesundheit von Menschen analysieren, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden – trotz ihrer mangelnden Erfahrung in diesem Bereich.72 Mekdad hatte vor ihrer Anstellung bei WHO über ein Jahr lang in Syrien für die UN gearbeitet. Sie wurde erstmals im Koordinierungsbüro für humanitäre Angelegenheiten angestellt.

Ihre Anwesenheit führte zu einem von Furcht und Selbstzensur geprägten Arbeitsklima in UN-Sitzungen, so ein ehemaliger Vertreter. Ihr Ehemann, Faisal Mekdad, wird häufig als derjenige genannt, der maßgeblich dafür verantwortlich ist, dass die Einsätze der UN eingeschränkt werden. Mekdad war außerdem das Sprachrohr der Regierung im Umgang mit der Anklage von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. In dieser Funktion leugnete er unter anderem im August 2013, die Regierung habe in Ghouta chemische Waffen eingesetzt und damit Hunderte getötet.

Familienangehörige einer Person einzustellen, die ein derart integraler Bestandteil des Konflikts ist, um ausgerechnet die psychische Verfassung Vertriebener zu analysieren, ist zutiefst unangemessen. Zudem zeigt es, dass man sich mehr bemüht, Mitarbeiter zu finden, die der Regierung genehm sind, als jemanden einzustellen, der für die Tätigkeit qualifiziert ist. Die Einstellung Shukria Mekdads demonstriert zudem die Macht der Regierung über alltägliche Einsätze der UN.

Inmitten aller Kontroversen, zu denen auch die Veröffentlichung der Story in der New York Times gehört, kündigte Shukria Mekdad aus „persönlichen Gründen.“73

4.3 Kontrolle der Regierung über Partner der UN

Das syrische Außenministerium erstellt eine Liste aller Organisationen, mit denen die UN eine Partnerschaft für Hilfslieferungen innerhalb des Landes und über Konfliktlinien hinweg eingehen kann.

Die lokalen Partner der UN zu bestimmen, ermöglicht es der syrischen Regierung, die Umsetzung des Hilfseinsatzes der UN zu kontrollieren und festigt ihre Einbindung in die Beschaffung und Auslieferung von Hilfsgütern – einschließlich dessen, wohin und an wen sie geliefert werden.

Von Anbeginn des Konflikts hat die Regierung darauf bestanden, dass von Damaskus ausgehende Hilfslieferungen durch den Syrisch-Arabischen Roten Halbmond (SARC) erfolgen müssen. SARC muss alle Maßnahmen bewilligen und überwachen. Zugleich fungiert SARC als Durchführungspartner für internationale humanitäre Organisationen, inklusive den UN. Ein Gutachten von WFP hat SARC als „Handlanger“ der syrischen Regierung beschrieben.74

„SARC wurde als Stellvertreter benutzt, um uns zu kontrollieren, auszuspionieren und in Schach zu halten.“

Hunderte mutiger Freiwilliger arbeiten für SARC, allerdings werden zentrale Entscheidungsprozesse durch die Regierung gesteuert. Der Leiter des Syrischen Roten Halbmonds, Abdul Rahman Attar, ist ein wohlhabender Geschäftsmann, der aufgrund seiner engen Bindung zur syrischen Regierung zu Geld gekommen ist.75 Einige kritisieren seine tendenziöse Haltung. Die Leitung einer internationalen NRO hingegen, die mit den UN zusammenarbeitet, ist mit der Arbeit SARCs innerhalb Syriens vertraut und sagte über Attar: „Er ist kein freier Mann.“ Sie führte aus, dass syrische Autoritäten brutale Repressionsmechanismen angewandt haben, um SARC einzuengen. Es sei der Organisation nicht möglich, unabhängig von der Regierung Entscheidungen zu treffen.

Der ehemaliger Vorstand einer UN-Organisation berichtete bei einer Befragung für eine andere Studie: „SARC wurde als Stellvertreter benutzt, um uns zu kontrollieren, auszuspionieren und in Schach zu halten.“76 Dieselbe Studie zitiert einen humanitären Forscher, der bemerkte: „Die Organisationen mussten für alles eine Genehmigung einholen, sogar, um eine Toilette zu installieren.“77

Die Studie ergab, dass der SARC seine Macht für die Genehmigung von humanitärem Zugang ausnutzte, um das Verhalten von Organisationen mit „Zuckerbrot und Peitsche“ zu belohnen oder zu bestrafen. Beispielsweise beschrieb eine UN-Vertreterin in Jordanien, dass nur 3 von 67 Anträgen an SARC auf grenzüberschreitende Lieferungen genehmigt wurden – trotz des nachweislichen Bedarfs. Sie schätzt, dass die Organisation damit dafür abgestraft wurde, dass sie einen Berichts über zivile Opfer und die Verletzung von Rechten veröffentlicht hatte.“78

Ein weiterer Bericht, für den über 100 humanitäre Helfer befragt wurden, legt dar: „Die Mitarbeiter, die wir in Syrien befragt haben, haben überwiegend darauf hingewiesen, dass Assads Verbindungen zur Führungsriege von SARC es der Regierung ermöglichen, konkurrenzlosen Einfluss auf Entscheidungen auszuüben, welche Gebiete wann und welche Hilfsmittel erhalten.“79

Die Studie ergab, dass der SARC seine Macht für die Genehmigung von humanitärem Zugang ausnutzte, um das Verhalten von Organisationen mit „Zuckerbrot und Peitsche“ zu belohnen oder zu bestrafen. Beispielsweise beschrieb eine UN-Vertreterin in Jordanien, dass nur 3 von 67 Anträgen an SARC auf grenzüberschreitende Lieferungen genehmigt wurden – trotz des nachweislichen Bedarfs. Sie schätzt, dass die Organisation damit dafür abgestraft wurde, dass sie einen Berichts über zivile Opfer und die Verletzung von Rechten veröffentlicht hatte.“80

Ein weiterer Bericht, für den über 100 humanitäre Helfer befragt wurden, legt dar: „Die Mitarbeiter, die wir in Syrien befragt haben, haben überwiegend darauf hingewiesen, dass Assads Verbindungen zur Führungsriege von SARC es der Regierung ermöglichen, konkurrenzlosen Einfluss auf Entscheidungen auszuüben, welche Gebiete wann und welche Hilfsmittel erhalten.“81

SARCs Verbindungen zur Regierung haben zur Gegenreaktion einiger humanitärer Helfer geführt. Das Free Aleppo Health Directorate, eine Vereinigung von über 12 Krankenhäusern und medizinischen Zentren in Aleppo – außerhalb der Kontrolle der Regierung – sowie anderer Krankenhäuser in der Region, hat am 30. März 2016 bekanntgegeben, dass sie nicht weiter mit SARC zusammenarbeiten. Ihre Erklärung legt dar, dass die medizinischen Einrichtungen Hilfen von SARC erhalten haben, obwohl kein offizielles Gesuch ausgesprochen wurde. Die Erklärung gab weiterhin an, dass „die Hilfen angeboten wurden, um einer politischen Agenda zu verfolgen, die nicht neutral ist.  Dies widerspricht den Prinzipien staatlicher und nicht-staatlicher humanitärer Hilfe.“82

Aus diesem Grund entschied das Direktorat, SARC „das Vertrauen zu entziehen.“ Es lehnt eine weitere Zusammenarbeit in all seinen medizinischen Einrichtungen in Aleppo und weiteren medizinischen Organisationen, die mit SARC kooperieren, ab und beschloss „unverzüglich die Zusammenarbeit aufzukündigen, bis SARC ihre Neutralität hinsichtlich humanitärer Hilfe beweisen und sie nicht weiter politisieren.“ Das SARC-Büro in Azzaz, in der Provinz Aleppo, welches als Vertretung in einem oppositionellen Gebiet einen gewissen Grad an Unabhängigkeit von der Zentrale hat, meldete einen Tag später, am 31. März 2016, dass es alle Einsätze einstelle, „unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses.“

„Die UN betreiben aktiv Lobbying, damit SARC einbezogen und damit die Einmischung der Regierung in den grenzüberschreitenden Einsatz gewährleistet werde. Dies zieht ihre Unparteilichkeit und Unabhängigkeit in Zweifel.“

Das Aleppo Free Health Directorate hat außerdem die Weltgesundheitsorganisation dazu aufgerufen „die Aktivitäten des Syrischen Roten Halbmondes zu überwachen und ihn dazu zu drängen, hinsichtlich von Hilfseinsätzen grundsätzlich und medizinischer Versorgung im Speziellen wieder neutral zu handeln.“83

Die Kontrolle von Hilfseinsätzen durch den SARC war ebenfalls extrem problematisch. Ein ehemaliger UN-Vertreter gab wieder, dass Hygienesets im Wert von Tausenden Dollar an SARC vergeben wurden, mit der Übereinkunft, dass die UN-Organisation sie am Tag der Auslieferung begleiten könne. Der Vertreter beschrieb, dass SARC „eines Tages einfach in die Stadt Jasim in Daraa fuhr und die Hygienesets an Menschen verteilte, die nichts mit der Krise zu tun hatten.“ Der Vertreter fügte hinzu, den Ansatz könne man beschreiben als „gebt uns einfach die Sachen und stellt keine Fragen.“

Mitteilungen, die den Autoren dieses Berichts vorliegen, zeigen auf, dass die UN in Damaskus aktiv für die Einbeziehung SARCs in grenzüberschreitende Hilfseinsätze zwischen Syrien und der Türkei geworben hat. Dies bedroht die Unabhängigkeit des grenzüberschreitenden UN-Einsatzes.

Das Büro der UN-Regionalleitung hat im März 2016 eine Mitteilung an SARC gesendet, wonach die Regierung dem Antrag stattgegeben hat, dass er in die Koordinierung einbezogen wird. Außerdem begrüße man diese Entwicklung.84 Im Anhang der Mitteilung befand sich eine weitere Notiz aus dem Außenministerium, die verdeutlicht, dass der Antrag ursprünglich von den UN angestoßen wurde. Die Genehmigung wurde damit begründet, dass es „wichtig sei, die Koordinierung der Verteilung von Hilfen, die die Grenze überqueren, durch SARC vornehmen zu lassen. SARC ist der offizielle Partner für Hilfseinsäte der UN. Durch ihn kann eine sichere Auslieferung der Hilfsmittel an die Bürger, die von der Krise betroffen sind gewährleistet und die Abnahme der Lieferungen durch terroristische Gruppen verhindert werden.“85

Die UN betreiben aktiv Lobbying für die Einbeziehung von SARC und damit die Einmischung der Regierung in den grenzüberschreitenden Einsatz. Dies zieht ihre Unparteilichkeit und Unabhängigkeit in Zweifel.

Organisationen, die derzeit in grenzüberschreitende Hilfslieferungen involviert sind, erhalten Zusicherungen seitens der UN; dass dies ihre Aktivitäten nicht beeinflussen, sondern sie ergänzen würde. Diese Behauptung scheint den Erwartungen der syrischen Regierung zu widersprechen.

Die Geschichte zweier SARCs – Das „andere SARC“

Eine ehemalige Führungsperson von OCHA Syrien schrieb 2012: „Schlimmstenfalls ist SARC ein monopolistischer Flaschenhals, der weitreichend durch den Druck der Regierung verengt ist. Bestenfalls, besonders im Feld, ist SARC ein inspirierendes Leuchtfeuer von Anstand und Einsatz.“86

Das Violations Documentation Centre, eine führende syrische Menschenrechtsorganisation, hat dokumentiert, wie Dutzende mutiger SARC-Freiwilliger von der syrischen Regierung umgebracht wurden. Sie hatten ihre Anweisungen missachtet, um verwundete Zivilisten zu behandeln und humanitäre Hilfe zu leisten. Der Freiwillige Noureddine Lakhouj, ein Mediziner aus Damaskus, wurde an einem Checkpoint der Regierung festgenommen und verstarb nach fünf Tagen der Folter in einer Haftanstalt des militärischen Geheimdienstes. Ein anderer Mediziner in Homs wurde in seinem Krankenwagen getötet, als Sicherheitskräfte ihm neun Mal in die Brust schossen.87

Die Leitung einer internationalen NRO bezeugte, wie zwei SARC-Volontäre weinten, als Regierungseinheiten einen verletzten Patienten aus ihrem Krankenfahrzeug ausluden, um ihn zu verhaften. Sie berichtete, die Volontäre konnten nichts dagegen unternehmen – das hätte nur dazu geführt, dass man sie gemeinsam mit dem Patienten festgenommen hätte.

4.4 Lokale Waffenruhen

Örtliche Waffenruhen hat es bisher typischerweise in Gegenden gegeben, die schwere Bombardements, lang andauernde Belagerungen und Abgeschnittenheit von Nahrung und medizinischer Versorgung durchlebt haben. Sie entstanden, weil die Kämpfenden im Austausch für ein versprochenes Ende der Feindseligkeiten sowie die Bereitstellung humanitärer Hilfe für die Zivilbevölkerung kapituliert haben.

Viele SyrerInnen kritisieren lokale Waffenruhen als eine Erweiterung der Politik des „Verhungerns oder Kapitulierens“, die die syrische Regierung betreibt. Die UN heißt die Waffenruhen jedoch gut. Der Koordinator für humanitäre Angelegenheiten hat die Waffenruhe von Homs 2015 als „gutes Modell“ bezeichnet, das in anderen Konfliktgebieten angewandt werden könnte.88Er schlug vor, es könne dazu beitragen, einen landesweiten Waffenstillstand zu erreichen. Der Koordinator fügte hinzu: „Wir müssen weit klarer und stärker dazu stehen, dass dies bis auf weiteres die einzige Möglichkeit ist.“89

In vielen Fällen hat die UN voreilig Gebiete von der Liste der Belagerungen entfernt, sobald Waffenruhen mit der Regierung in Kraft traten. Dies geschah, obwohl die Vereinbarungen der Waffenruhen häufig nicht eingehalten werden und keiner vollständigen und permanenten Aufhebung des Belagerungszustands entsprechen.

In einem von Siege Watch, einem gemeinsamen Projekt von Pax und The Syria Institute, genannten Bespiel trat die Stadt Moadamiyeh 2013 in einen Waffenstillstand mit der Regierung. Im Juli 2014 wurde die einzige UN-Hilfslieferung in die Stadt erlaubt. Im November wurde Moadamiyeh von der Liste belagerte Städte genommen. Allerdings war „Anfang 2015 jeglicher Anschein eines Waffenstillstands gebrochen.“90 Ein Jahr später gingen erneut Bilder von verhungernden Kindern und älteren Menschen in der Stadt um die Welt.

„Viele SyrerInnen kritisieren lokale Waffenruhen als eine Erweiterung der Politik des ‚Verhungerns oder Kapitulierens‘, die die syrische Regierung betreibt.“

Siege Watch schlussfolgert, dass die mangelhafte Berichterstattung über Belagerungen seitens der UN (im Folgenden näher ausgeführt), ihre Beteiligung an örtlichen Waffenruhen sowie ihre Hilfslieferungen „die syrische Regierung in der Ausweitung der Politik des ‚Verhungerns oder Kapitulierens‘ bestätigen und unabsichtlich ermutigen kann.“91

Der UN-geförderte Waffenstillstand von Homs

Im durch die UN geförderten Waffenstillstand in Homs 2014 wurden Dutzende Jungen und Männer zwischen 15 und 54 Jahren bei der Evakuierung des belagerten Teils der Stadt festgenommen. Dort hatten sie monatelang an einer Unterversorgung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten gelitten. Die meisten wurden letztlich freigelassen, allerdings bestätigte ein UN-Vertreter, der diesen Fällen nachging, dass einige der Verhafteten dazu gezwungen wurden, der syrischen Armee beizutreten. Eine andere Vertreterin sagte, 50 bis 60 Personen werden weiterhin vermisst. Sie ergänzte, dass nichts dafür getan werde, die Fälle weiterzuverfolgen.

Die UN hätte niemals einem Übereinkommen zustimmen dürfen, dass die Festnahme von Kindern zulässt.

Der UN-Koordinator für humanitäre Angelegenheiten räumte ein, dass die UN derzeit nicht ausreichend ausgerüstet sei, die Festnahmen zu bearbeiten und merkte im Nachhinein an, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, welches diese Expertise besitzt, hätte mit einbezogen werden sollen.92

5. Die Abkehr der UN von Neutralität in Syrien

„Humanitäre Akteure dürfen sich bei Feindseligkeiten nicht auf eine Seite schlagen und sich nicht an Kontroversen politischer, ethnischer, religiöser oder ideologischer Art beteiligen.“ UN OCHA Grundsatz der Neutralität

5.1 Mangelhafte Einstufung von Belagerungen

Die UN hat die Weltöfffentlichkeit in die Irre geführt, was das Ausmaß betrifft, zu dem die syrische Regierung für Kriegsverbrechen verantwortlich ist: die Belagerung von Zivilisten, kollektive Bestrafungen und der Einsatz von Hunger als Kriegswaffe.

Das Verfahren der UN zur Klassifizierung von Belagerungen ist bestenfalls nur undurchsichtig und schlimmstenfalls politisiert. Als Anfang 2016 Menschen in Madaya verhungerten, wurde die Stadt nicht als belagert eingestuft.

Ähnlich verhielt es sich im Juli 2015 bei dem palästinensischen Lager Yarmouk, als die UN es von der Belagerungsliste entfernte, obwohl vier Monate lang keine Hilfen dorthin geliefert werden konnten. Madaya und Yarmouk wurden im Januar 2016 wieder auf die Liste der Belagerungen gesetzt.93

„Das Verfahren der UN zur Klassifizierung von Belagerungen ist bestenfalls nur undurchsichtig und schlimmstenfalls politisiert.“

UN-Statistiken unterschätzen die Anzahl von Menschen unter Belagerung signifikant. So haben die UN die Zahl im Februar von 350.000 Personen auf 486.700 nach oben korrigiert, nachdem sie für die Falscherfassung kritisiert worden waren. Siege Watch hat auf Basis von OCHAs Kriterien zur Einstufung von Belagerungen und auf der Grundlage von Befragungen eines weitreichenden Netzwerks in belagerten Gebieten eine Zahl von über einer Million Menschen ermittelt.94

Die korrekte Klassifizierung von Belagerungen ist unentbehrlich dafür, welchen Gebieten humanitäre Einsätze den Vorrang geben. Zudem ist dies entscheidend, um Druck auf die verantwortlichen Parteien auszuüben, sich an das humanitäre Völkerrecht zu halten. Die mangelhafte Erfassung von Belagerungen verzerrt außerdem die Statistiken der UN selbst, was den Anteil erreichter Zivilisten unter Belagerung betrifft. Damit scheint es so, als würden mehr Personen erreicht als vorhanden sind.
Trugschluss über das Ausmaß von Belagerungen durch die Regierung

Die UN haben die Rolle der Regierung bei der Belagerung von Zivilisten verharmlost, indem sie verschleiert haben, wer verantwortlich ist.

Nach Schätzungen der UN lebten im Februar 2016 „um 486.700 Menschen in belagerten Gebieten – 274.000 belagert durch die syrische Regierung, 200.000 Menschen durch den IS und 12.500 Menschen durch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen und die Nusrah Front.“95

Dies schreibt fast die Hälfte der Belagerungen dem IS zu, basierend auf 200.000 Menschen, die in Deir Ezzor belagert werden. Diesen Zahlen nach wäre die Regierung für nur 56% aller Belagerungen verantwortlich.

Die Statistiken von Siege Watch zeigen allerdings, dass die syrische Regierung für 99% der Menschen unter Belagerung verantwortlich ist: „85% der belagerten SyrerInnen in annähernd 37 Gemeinden in Damaskus und Umland sowie der Provinz Homs werden vollständig durch die syrische Regierung und ihre Verbündeten belagert. 14% der belagerten SyrerInnen in ungefähr sieben Gemeinden werden von einer Mischung aus der syrischen Regierung und bewaffneten Gruppen belagert. In Deir Ezzor wird die Belagerung vorwiegend von IS erzwungen, während die syrische Regierung dort weitere Zugangsbeschränkungen von innen verhängt. In den südlichen Stadtrandgebieten von Damaskus (Al-Qadam, Babbila, Beit Sahm, Hajar al-Aswad, Yarmouk und Yelda) wird die Belagerung primär durch die syrische Regierung vollzogen, doch der IS und mehrere andere bewaffnete Gruppen verursachen weitere Restriktionen innerhalb der Belagerung. In zwei Gemeinden der Provinz Idlib belagern bewaffnete Oppositionsgruppen (AOGs), inklusive Jabhat al-Nusra 1% der belagerten SyrerInnen insgesamt.“96

Bewohner von Deir Ezzor berichten, sie werden durch den IS sowie die Regierung belagert. Während der IS die Gebiete unter Kontrolle der Regierung von außen belagert, verbieten Regierungstruppen innerhalb den Menschen, das Gebiet zu verlassen. Die Regierungstruppen bestimmen außerdem über die Verteilung von Hilfsmitteln. Lange Zeit untersagte die Regierung den UN, einen Flughafen in der Stadt zu nutzen, den man für Hilfslieferungen hätte nutzen können. Nach wie vor lehnt es die Regierung ab, einen vorhandenen Hubschrauberlandeplatz zu diesem Zweck zu nutzen.97

Laut den Einwohnern Deir ez-Zors hat die Regierungen ihnen Hilfen verweigert, da sie die Kontrolle über die lokale Bevölkerung bewahren wollen. Deir ez-Zor ist eine der ersten Gemeinden, die sich gegen Bashar al Assads Herrschaft aufgelehnt hat. Es gibt außerdem weit verbreitete Berichte über Regierungstruppen, die Schmiergelder von Zivilisten im Austausch gegen Nahrungsmittel oder die Ausreise aus der Belagerung per Helikopter erpressen.98

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Postkarten aus einem Paralleluniversum: Kinder

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Die Belagerungstaktik der Regierung wird nicht offen verurteilt

Obwohl die syrische Regierung in die Belagerung von 99% aller belagerten Zivilisten involviert ist, hat die UN-Führungsriege in Damaskus vermieden, dies öffentlich anzuprangern. Nur selten wurde die Rolle der Regierung in Belagerungen überhaupt kenntlich gemacht. Erst inmitten eines internationalen öffentlichen Aufschreis über verhungernde Zivilisten in der Stadt veröffentlichte die UN ein Statement, dass die Regierung im Falle Madayas verantwortlich macht.  

Dass bewusst vermieden wird, die klare Verantwortlichkeit der Regierung aufzudecken, stellte sich ebenso im Falle von Daraya heraus. Am 12. Mai 2016 wurde ein gemeinsamer Konvoi von UN und ICRC von Regierungstruppen aus der Stadt zurückgewiesen – als ihre Einwohner zu verhungern drohten. Als der Konvoi umdrehte, bombardierte die syrische Regierung die Stadt, wobei zwei Zivilisten ums Leben kamen. Das Statement der UN erwähnte keine Toten und auch nicht das Zugangsverbot für den Konvoi durch Regierungstruppen. Es brachte nur an: „Die UN ruft weiterhin alle Parteien dazu auf, die Belagerungen von Zivilisten in Syrien aufzuheben.“Der Fall Madaya bietet ähnliche Einblicke in das Ausmaß, in dem die UN Kritik an der Beteiligung der Regierung an Belagerungen vermeidet. Am 6. Januar, als bereits Hungertode eingetreten waren, erwähnte eine als „internes Dokument, nicht zur Weiterverbreitung gedacht“ markierte Mitteilung von OCHA „unerträgliche Zustände“ und „gravierende Unterernährung“ in Madaya.101

Einen Tag später drückte eine öffentliche Erklärung des Koordinators für humanitäre Angelegenheiten besondere Besorgnis für vier Städte aus – in denen die Situation weitaus besser als in Madaya war – und von denen zwei durch Rebellengruppen belagert wurden. Diese Erklärung erwähnt erst im zweiten Absatz glaubwürdige Berichte über Hungertode – ohne Schuldzuweisungen. Dies stellte Madaya als zweitrangige Angelegenheit dar, obwohl die interne Mitteilung des vorigen Tages zeigt, dass OCHA über die Heftigkeit der Krise in Madaya im Bilde war.102

Die UN hat schlussendlich am 11. Januar 2016 gleichzeitig Konvois nach Madaya und in die beiden Gebiete unter Belagerung durch die Rebellen gebracht. Am 12. Januar beschrieb der Koordinator für humanitäre Angelegenheiten die erschreckende humanitäre Lage in Madaya und teilte Reportern mit: „Ich möchte unterstreichen, dass es an allen dieser Schauplätze, wo Belagerungen als Kriegstaktik ins Spiel kommt, gleich ist.“103

In der Tat sind alle der erfassten Tode in Verbindung mit Hunger in Gebieten aufgetreten, die von der syrischen Regierung oder ihren Verbündeten belagert werden. 104 Es gibt allerdings noch keine Aussage dazu seitens der UN.

Die Folgen verschwiegener Belagerungen – gefährdete Unparteilichkeit und Neutralität

Die UN mögen damit gerechnet haben, dass es die Regierung verärgern würde, wenn sie das gesamte Ausmaß der Belagerungen durch die syrische Regierung offenlegen – sprich: Belagerungen akkurat einstufen, die Verantwortlichen benennen und verurteilen. Möglicherweise hätte dies zur Folge gehabt, dass die UN in Form vermehrter Ablehnung von Hilfslieferungen oder einem Rauswurf aus dem Land „bestraft“ wird.

Die syrische Regierung ist mit Abstand der größte Nutznießer der Öffentlichkeitsarbeit der UN was Belagerungen betrifft. Die UN hat der Propagandamission der Regierung geholfen, indem sie vor der Weltöffentlichkeit wesentliche Aspekte über den Konflikt falsch dargestellt haben.The Syrian government is far and away the greatest beneficiary of the UN’s public communications on sieges.

WHO und Polio

WHO und UNICEF sind daran gescheitert, unabhängig von der syrischen Regierung zum Thema Polio Stellung zu beziehen und haben damit zum Misserfolg bei der Vorbeugung des Auftretens und der Ausbreitung der Epidemie in Syrien beigetragen. Dies hat im Leid und der Behinderung von mindestens 90 Kindern resultiert sowie in der Ansteckung Tausender weiterer. Außerdem behindert es die weltweiten Bemühungen, diese entsetzliche Krankheit auszulöschen.105

Spätestens seit Beginn der Aufstände 2011 legt die syrische Regierung keine Priorität mehr Polioimpfungen. Sie stellte die Impfung von Kindern in politisch unangenehmen Gebieten sogar ein.

Im Dezember 2012 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Gegend Deir Ezzor von einem Impfprogramm ausgenommen. Offenbar reagierte sie damit auf einen Bericht der Regierung, der das Gebiet als unbewohnt beschreibt, obwohl das Welternährungsprogramm (WFP) dort weiterhin Nahrungsmittel an Einwohner verteilte. „Zehn Monate später war dies die Provinz, in der Polio wieder ausbrach“, so die Gesundheitsexperten Courts und Fouad.106

Dr. Annie Sparrow, eine Expertin für Gesundheitswesen und Kinderärztin für Intensivpflege, gibt wieder, dass das syrische Gesundheitsministerium sich weigerte, die weit verbreiteten Berichte über Fälle in Deir Ezzor zu untersuchen und den Ausbruch von Polio leugnete.107 Anfang Oktober schickten Ärzte der oppositionellen Hilfseinrichtung, dem Assistance Coordination Unit (ACU) Proben zur Untersuchung an ein Krankenhaus in der Türkei. WHO ermahnte das Krankenhaus dazu, die Proben nicht anzunehmen, da sie der Zuständigkeit der WHO in Syrien entzogen wurden.108

Sparrow schreibt, dass der türkische Gesundheitsminister eigenhändig Initiative ergriff, die Proben auszuwerten und bestätigte, dass diese positiv waren. Genau zu diesem Zeitpunkt Ende Oktober „entdeckte“ sein syrischer Kollege Polio in seinen eigenen Proben, und erst dann erklärte WHO den Ausbruch von Polio.109

Im November 2013 bildete eine Gruppe NROs, die mit ACU kooperierten die Polio Task Force zum Schutz von 2,7 höchst gefährdeten Kindern. Aber es stand nicht ausreichend Impfstoff zur Verfügung, da WHO und UNICEF diese nicht bereitstellen konnten oder wollten. Ärzte ohne Grenzen Holland versuchte, Impfungen direkt von einem Hersteller anzukaufen, doch UNICEF blockierte dies „im Auftrag der Regierung“, so Sparrow. Die Regierung erlaubt weder WHO noch UNICEF die Zusammenarbeit mit ACU und verhindert damit Präventionsmaßnahmen in Gebieten außerhalb ihrer Kontrolle.110

Das syrische Gesundheitsministerium und WHO sind im Herbst 2013 daran gescheitert, den Ausbruch von Polio in der Anfangsphase festzustellen und zu verhindern. Das Ministerium und WHO behaupten jedoch weiterhin, das Frühwarnsystem sei noch im Dezember „etabliert und funktionsfähig“ gewesen. Anfang 2014, als ACU und das türkische Gesundheitsministerium weiterhin neue Fälle aufdeckten, bestanden die WHO und das syrische Ministerium darauf, die Epidemie sei mittlerweile unter Kontrolle.111

Jeder einzelne Fall von Polio trat in Gebieten außerhalb des Hoheitsbereichs der Regierung auf, in denen die Regierung bewusst Impfungen, die Wartung sanitärer Anlagen und Frischwasseranlagen verhindert hatte, so Sparrow.112 Laut Aussage eines involvierten UN-Vertreters, wurde dies letztlich erst ermöglicht, nachdem UN-Organisationen und die Regierung akzeptierten, dass die Bekämpfung von Polio grenzüberschreitende Impfkampagnen erforderte.

In der Praxis hat das Katzbuckeln der WHO vor der Regierungslinie zur Folge, dass sie nicht in der Lage ist, dem Ursprung des Polioausbruchs nachzugehen und ihn einzudämmen. Damit wurde durch die WHO hinausgezögert, den Ausbruch von Polio offiziell zu deklarieren und es konnten keine Sofortmaßnahmen ergriffen werden. Wichtige Daten von der türkischen Regierung konnten nicht genutzt werden. Die WHO hat zugelassen, dass politische Zweckdienlichkeit verhindert, dass sie in dringlichsten Notfällen aktiv werden können. Zugleich hat sie andere dabei behindert, ebendies zu tun. Die UN hat die Verweigerung von Impfungen und medizinischer Versorgung durch die syrische Regierung nicht nur hingenommen, sondern sogar erleichtert. Das stellt einen klaren Bruch der Prinzipien von Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Neutralität dar.

5.2 Demografischer Wandel

Während einer örtlichen Waffenruhe, die die UN im September 2015 ermöglichten, haben sich Unterstützer der Regierung und Opposition darauf geeinigt, in zwei verschiedenen Gegenden Territorien auszutauschen, Bombardierungen und die Belagerungen von Zivilisten einzustellen und einen sechsmonatigen Waffenstillstand eingehalten.113

Kontroverserweise gehörte dazu auch ein konfessioneller Bevölkerungsaustausch: Schiiten aus Idlib wurden in Regierungsgebiete gebracht, sunnitische Rebellen und Familien aus Zabadani nach Idlib umgesiedelt, das von Oppositionellen kontrolliert wird. Dies, so formulierte es die New York Times, „erweckt den Anschein eines erzwungenen demographischen Wandels.“114

Ein humanitärer Freiwilliger im belagerten Douma fürchtet, dass es für seine Stadt genauso ausgehen wird: „Wie konnte das passieren? Sie können uns nicht einmal eine Scheibe Brot geben, aber wenn man sie bittet, Zabadani oder Homs zu „säubern“, sind sie in zwei Minuten bereit. Die UN ist an demographischen Veränderungen beteiligt.“

Ein anderer Freiwilliger, der in Homs unter Belagerung lebt, macht die UN für demographische Veränderungen in der Altstadt verantwortlich, da den Menschen selbst Jahre nach der UN-geförderten Waffenruhe nicht erlaubt wurde, in ihre Häuser zurückzukehren.

„Wie konnte das passieren? Sie können uns nicht einmal eine Scheibe Brot geben, aber wenn man sie bittet, Zabadani oder Homs zu „säubern“, sind sie in zwei Minuten bereit. Die UN ist an demographischen Veränderungen beteiligt.“

5.3 Beeinflussung der Konfliktdynamik

Wenn humanitäre Hilfe Unparteilichkeit und Unabhängigkeit missachtet, verzerrt dies die Dynamik eines Konflikts. Wie jede andere Kernressource kann humanitäre Hilfe Bevölkerungsbewegungen, den Grad von Unzufriedenheit der Einwohner und die politische Stabilität eines Gebiets beeinflussen.

Eine unabhängige Analyse der Auswirkungen von Lebensmittelnothilfe im Land beschreibt, dass Menschen aus Gebieten außerhalb in Gebiete innerhalb der Kontrolle durch die Regierung flohen, wenn sie erfuhren, dass dort humanitäre Hilfe verfügbar war.115 Ein gewaltsamer Protest gegen die Kürzung von Nahrungsmitteln, Treibstoff und Elektrizität, der 2014 in Latakia ausbrach, zeigt den Forschern, wie wichtig die Hilfsmittel für die syrische Regierung sind. Mittels dieser kann die Regierung die Kontrolle behalten und Ruhe wahren – auch im eigenen Hoheitsgebiet.116

Dieselbe Studie legt dar, dass „durch die UN und die meisten anderen humanitären Organisationen verteilte Nahrungsmittel trotz ihres Neutralitätsanspruchs in der Unterstützung von Souveränität und politischen Konsequenzen resultierten – im Widerspruch zu neutralen Bestrebungen.“117

Während oppositionellen Gebieten konsequent internationale Hilfe verwehrt wird, fließt diese weiterhin unbehelligt in Regierungsgebiete. Die de-facto Unterstützung dieser Gebiete setzt Ressourcen frei, die die Regierung für ihre kriegerischen Bestrebungen ausnutzt.

Zwar werden die UN ihr Verhalten damit rechtfertigen, dass sie auf die Hilfsempfänger verweisen, die sie erreichen konnten; allerdings ignorieren sie vorsätzlich die strukturellen Effekte eines Hilfseinsatzes, der so weit von seinen humanitären Grundsätzen abgewichen ist. Es reicht nicht aus, kundzutun, dass Millionen Menschen derzeit dort erreicht werden können, wo den UN der Zugang genehmigt wird. Die UN haben weder die Auswirkungen dieses Kompromisses ermessen, noch haben die UN je die eigene Rolle diesbezüglich evaluiert, und das in einem Kontext, in dem Hunderttausende Zivilisten systematisch durch den zentralen Partner in Syrien ausgehungert werden – die Regierung.

6. Appendix 1: Abkürzungsverzeichnis

UN Vereinte Nationen

UNOCHA Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten

WFP Welternährungsprogramm

IS Islamischer Staat

IRC International Rescue Committee

ICRC International Committee of the Red Cross

WHO Weltgesundheitsorganisation

SAMS Syrian American Medical Society

OHCHR Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte

UNRWA Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten

UNSC Sicherheitsrat der Vereinten Nationen

7.Appendix 2: Fußnoten

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  1. OCHA, Evaluation of OCHA response to the Syria crisis, March 2016, p. 26
  2. WFP, Emergency Food Assistance to the People Affected by Unrest in Syria, April 2016
  3. United Nations Security Council, Report of the Secretary-General on the Implementation of UN Security Council Resolutions 2139, 2165, 2191 and 2258, 21 January 2016, S/2016/60, paragraph 48
  4. OCHA, Under-Secretary General for Humanitarian Affairs and Emergency Relief Coordinator, Stephen O’ Brien, Statement to the Security Council on Syria, 27 January 2016
  5. Darcy, James, Evaluation Synthesis and Gap Analysis, Syria Coordinated Accountability and Lessons Learning (CALL) Initiative, Report Commissioned by the Steering Group for Inter-Agency Humanitarian Evaluations, May 2016, p.7
  6. Lynch, Colum, ‘UN’s fear of angering Assad leaves gap in Syria aid effort’, Foreign Policy, 30 December 2014
  7. WFP Office of Evaluation, An Evaluation of WFP’s Regional Response to the Syrian Crisis 2011-2014, April 2015 , p.38.
  8. The Syria Institute and Pax, Siege Watch: First Quarterly Report on Besieged Areas in Syria, February 2016, p.13.
  9. The Syria Institute and Pax, Siege Watch: Table of Besieged Communities in Syria from Upcoming Siege Watch Report, February 2016.
  10. Figures obtained by email from the Syrian Network for Human Rights.
  11. United Nations, Note to correspondents: Transcript of a press encounter with Jan Egeland, Special Advisor to the United Nations Special Envoy for Syria after today’s meeting of the Humanitarian Access Task Force, 17 March 2016
  12. Darcy, p.7.
  13. OCHA, Evaluation of OCHA response to the Syria crisis, March 2016. p.5
  14. Secretary-General’s Internal Review Panel on United Nations Action in Sri Lanka, Report of the Secretary-General’s Internal Review Panel on United Nations Action in Sri Lanka, November 2012, p.27
  15. Ibid.
  16. Ibid, p.12
  17. Ibid, p. 110
  18. Human Rights Watch, UN: Act on Failings in Sri Lanka, 14 November 2012
  19. United Nations, Statement of the Secretary-General on Internal Review Panel Report on Sri Lanka, 14 November 2012
  20. http://sana.sy/en/?p=68899
  21. http://sn4hr.org/blog/2016/02/08/18102/
  22. http://sn4hr.org/blog/2016/02/08/18113/
  23. The Syria Institute and Pax, Siege Watch: First Quarterly Report on Besieged Areas in Syria, February 2016, p.13.
  24. Information obtained over email from the Syrian Network for Human Rights.
  25. OCHA, About the Crisis, Accessed May 1 2016
  26. United Nations Security Council, Report of the Secretary-General on the Implementation of UN Security Council Resolutions 2139, 24 March 2014
  27. OCHA, Under-Secretary General for Humanitarian Affairs and Emergency Relief Coordinator, Stephen O’ Brien, Statement to the Security Council on Syria, 27 January 2016, p.4-5.
  28.  In April 2016, more than 88% of UN food aid delivered from inside Syria went to government- controlled territory. Less than 12% went into territories outside the government’s control. WFP, Emergency Food Assistance to the People Affected by Unrest in Syria, April 2016
  29. In March 2016, more than 95% of UN food aid delivered from inside Syria went to government- controlled territory. Less than 5% went into territories outside the government’s control. WFP Syria, Country Brief, March 2016
  30.  In February 2016, more than 93% of UN food aid delivered from inside Syria went to government- controlled territory. Just over 7% went into territories outside the government’s control. WFP, Emergency Food Assistance to the People Affected by Unrest in Syria, February 2016
  31.  In January 2016, more than 96% of UN food aid delivered from inside Syria went into government- controlled territory. Less than 4% went into territories outside the government’s control. WFP, Emergency Food Assistance to the People Affected by Unrest in Syria, January 2016
  32. In September 2015, more than 98% of UN food aid delivered from inside Syria went to government- controlled territory. Less than 2% went into territories outside the government’s control. WFP, Emergency Food Assistance to the People Affected by Unrest in Syria, September 2015
  33. In August 2015, more than 99% of UN food aid delivered from inside Syria went to government- controlled territory. Less than 1% went into territories outside the government’s control. WFP, Emergency Food Assistance to the People Affected by Unrest in Syria, August 2015
  34. In July 2015, 98% of UN food aid delivered from inside Syria went to government-controlled territory. 2% went into territories outside the government’s control. WFP, Emergency Food Assistance to the People Affected by Unrest in Syria, July 2015
  35. In June 2015, more than 94% of UN food aid delivered from inside Syria went to government- controlled territory. Less than 6% went into territories outside the government’s control. WFP, Emergency Food Assistance to the People Affected by Unrest in Syria, June 2015
  36. Whole of Syria Inter-Sector Cluster Coordination Group, Final Monitoring Report of the Strategic Response Plan, 12 April 2016, p.5
  37. Ibid.
  38. ‘There is no legal barrier to UN cross-border operations in Syria’, The Guardian, 28 April 2014
  39. Howe, Kimberly for King’s College London, Feinstein International Centre and Humanitarian Policy Group, Planning from the Future. No End in Sight: A Case Study of Humanitarian Action and the Syria Conflict, January 2016, p.12.
  40. United Nations Security Council, Resolution 2165, 14 July 2014
  41. OCHA, Evaluation of OCHA response to the Syria crisis, March 2016, pp.15 & 26
  42. WFP, Emergency Food Assistance to the People Affected by Unrest in Syria, April 2016
  43. WFP, Situation Update: Syria Crisis Response, April 2015
  44. UNDP, 365 Days of Resilience in Syria, 2014
  45. United Nations, Note to correspondents: Transcript of a press encounter with Jan Egeland, Special Advisor to the United Nations Special Envoy for Syria after today’s meeting of the Humanitarian Access Task Force, 17 March 2016
  46. Coutts, Adam P. and Fouad, Fouad M., ‘Syria’s Raging Health Crisis’, New York Times, 1 January 2014
  47. ‘Health Ministry, WHO and Unicef hold symposium on breastfeeding in the workplace’, SANA, 6 August 2015
  48. Said, Haifa, ‘Ministry and Unicef Agree on Future Projects to Engage Students in Environment Protection’, SANA, 12 February 2016
  49. OCHA, Evaluation of OCHA response to the Syria crisis, March 2016, p.21
  50. Ibid.
  51. WFP Office of Evaluation, An Evaluation of WFP’s Regional Response to the Syrian Crisis 2011-2014, April 2015, p. v & xi
  52. Ibid.
  53. United Nations, Overview: 2016 Humanitarian Response Plan & Regional Refugee and Resilience Plan, 4 February 2016. $1.25 billion of funding was received for Syria in 2015; $1.12 billion in 2014; $959 million in 2014; $216 million in 2012.
  54. Tanner, Marcus, ‘Crisis for UN as Bosnian Serbs halt aid convoy’, The Independent, 15 February 1993
  55. Pomfret, John, ‘Serbs bar UN Aid Convoy’, Washington Post, 4 March 1994
  56. ibid.
  57. OCHA, Under-Secretary General for Humanitarian Affairs and Emergency Relief Coordinator, Stephen O’ Brien, Statement to the Security Council on Syria, 27 January 2016, p.4-5.
  58. Interviews over Skype with members of the Daraya Local Council, 12 May 2016.
  59. Slemrod, Annie, ‘All you need to know about sieges in Syria’, IRIN, 12 January 2016
  60. As told to IRIN. Slemrod, Annie, ‘All you need to know about sieges in Syria’, IRIN, 12 January 2016
  61. Oakford, Samuel, ‘The Syrian Regime is Blocking Aid to Hundreds of Thousands in Dire Need, despite Ceasefire’, Vice News, 8 April 2016
  62. Hearn, Roger, ‘A Catastrophic Failure in Syria: Why It Is Time to Admit That the International Community Cannot Deal With Conflict’, Huffington Post, 2 March 2016
  63. Chulov, Martin and Beals, Emma, ‘Aid group Mercy Corps forced to close Damascus operations’, The Guardian, 23 May 2014
  64. http://sn4hr.org/blog/2016/02/01/17751/
  65. http://sn4hr.org/blog/2016/02/01/17769/
  66. See p.19/
  67. United Nations, Overview: 2016 Humanitarian Response Plan & Regional Refugee and Resilience Plan, 4 February 2016, p.17
  68. OCHA, Evaluation of OCHA response to the Syria crisis, March 2016, p.30
  69. Ibid, p.19
  70. Gutman, Roy, ‘How the U.N. Let Assad Edit the Truth of Syria’s War’, Foreign Policy, 27 January 2016
  71. OCHA, Joint Statement by Resident/Humanitarian Coordinator for Syria and Regional Humanitarian Coordinator for the Syria Crisis on the International Day of Solidarity with Detained and Missing Staff Members, 24 March 2016
  72. Sengupta, Somini,‘U.N. Agency Hires Wife of Top Figure in Syrian War to Assist the Displaced’, New York Times, 24 February 2016
  73. Resignation email seen by researchers.
  74. WFP Office of Evaluation, p.8
  75. Kenner, David, Foreign Policy, ‘Assad’s War on the Red Crescent’, 12 December 2012
  76. Howe, p.20
  77. Ibid.
  78. Ibid, p.19
  79. Eng, Brent and Martínez, José Ciro, ‘Why international food aid can actually make conditions worse for starving Syrians’, Washington Post, 26 January 2016
  80. Declaration of the Aleppo Free Health Directorate obtained by researchers of this report.
  81. Letter from SARC Azaz obtained by researchers of this report.
  82. Declaration of the Aleppo Free Health Directorate.
  83. Erklärung des Aleppo Free Health Directorate
  84. Memo from the Office of Regional Coordinator to Dr Abdul Rahman Attar, SARC on 16 March, 2016. The memo was obtained by researchers of this report.
  85. Note verbale from the Ministry of Foreign Affairs to the UN Resident Coordinator on 10 March, 2016. The memo was obtained by researchers of this report.
  86. Parker, Ben, ‘Humanitarianism Besieged’, Humanitarian Practice Network, November 2013
  87. Archives of the Violations Documentation Centre.
  88. Perry, Tom, ‘Ceasefire in Syria’s Homs a “good model” – U.N. Official’, Reuters, 11 December 2015
  89. Ibid.
  90. The Syria Institute and Pax, Siege Watch: Table of Besieged Communities in Syria from Upcoming Siege Watch Report, February 2016
  91. Ibid.
  92. Dagher, Sam, ‘Fate of Hundreds of Men Evacuated From Homs and Detained in Doubt’, Wall Street Journal, 11 February 2015
  93. Slemrod, Annie, ‘UN changes Syria siege list, adds Madaya and Yarmouk’, IRIN, 1 February 2016
  94. The Syria Institute and Pax, Siege Watch: Table of Besieged Communities in Syria from Upcoming Siege Watch Report, February 2016
  95. OCHA, Under-Secretary General for Humanitarian Affairs and Emergency Relief Coordinator, Stephen O’ Brien, Statement to the Security Council on Syria, 27 January 2016
  96. Figures obtained from Siege Watch over email.
  97. Daragahi, Borzou and Dadouch, Sarah, ‘Here’s How Syria’s Regime Is Profiting From People Under Siege’, Buzzfeed News, 11 February 2016
  98. Ibid.
  99. http://sana.sy/en/?p=50684
  100. Data obtained from the Syrian Network for Human Rights, statements checked on Reliefweb
  101. Gutman, Roy, ‘The UN knew for months that Madaya was starving”, Foreign Policy, 15 January 2016
  102. ibid
  103. ibid
  104. Information obtained over email from the Syrian Network for Human Rights.
  105. Sparrow, Annie, ‘Syria’s Polio Epidemic: The Suppressed Truth’, New York Review of Books, 20 February 2014
  106. Coutts and Fouad
  107. Sparrow, 2014
  108. Ibid
  109. Ibid
  110. Ibid
  111. Ibid
  112. Ibid
  113. Barnard, Anne, ‘Truce Struck in 2 Areas in Syria’, New York Times, 25 September 2015
  114. Ibid.
  115. Eng and Martínez
  116. Martínez, José Ciro and Brent Eng, ‘The unintended consequences of emergency food aid: neutrality, sovereignty and politics in the Syrian civil war, 2012–15’, International Affairs, vol. 92:1, 2016, 153–173
  117. Ibid.